Israels Angriff auf den Iran

Sorge vor globaler Stagflation

Der israelische Angriff auf den Iran erhöht den Inflationsdruck weltweit. Das könnte Einfluss auf die Geldpolitik diverser Notenbanken wie der EZB haben.

Sorge vor globaler Stagflation

Sorge vor globaler Stagflation

Lage im Nahen Osten erhöht Inflationsdruck – Spielraum für Zinssenkungen schrumpft

mpi Frankfurt

Die erneute Eskalation im Nahen Osten durch den israelischen Angriff auf iranische Nuklearanlagen und Militärstandorte könnte Notenbanken weltweit dazu bringen, vorsichtiger mit Zinssenkungen umzugehen. „Mit dem Angriff Israels auf den Iran steigt die Wahrscheinlichkeit einer globalen Stagflation“, sagte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank. Stagflation bezeichnet eine Phase mit wenig bis keinem Wirtschaftswachstum und gleichzeitig stärker steigenden Preisen.

Ölpreis steigt deutlich

Der Ölpreis für die Sorte Brent legte in Reaktion auf den israelischen Angriff in der Spitze um 10% auf rund 78 Dollar je Barrel zu. Sollte der Iran als Vergeltung die Straße von Hormus blockieren, könnte der Ölpreis nach Einschätzung von Ökonomen auf rund 100 Dollar ansteigen. Auch wenn es zu einem solchen Szenario nicht kommt, dürften die steigenden Ölpreise den Inflationsdruck erhöhen. „Die EZB, die bereits beim neutralen Zinsniveau angelangt ist, würde vermutlich einfach dort verharren“, meint de la Rubia für den Fall, dass sich die Lage im Nahen Osten nicht entspannt.

Seit längerem dämpfen eigentlich die im Jahresvergleich niedrigeren Energiepreise die Inflation im Euroraum. Aus diesem Grund – und wegen des stärkeren Euro – hatte die EZB vergangene Woche die Projektion für die Inflation im kommenden Jahr auf durchschnittlich 1,6% gesenkt. Aus den am Freitag vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten endgültigen Inflationszahlen geht hervor, dass die Preise für Energieprodukte in Deutschland im Mai um 4,6% gegenüber dem Vorjahresmonat gefallen sind. Die Erstschätzung für die Gesamtrate von 2,1% bestätigten die Statistiker.

Unterschiedliche Ansichten

Die Inflationszahlen in den kommenden Monaten könnten als Folge der Spannungen im Nahen Osten wieder höher ausfallen. Die EZB dürfte das zwar nicht aus der Ruhe bringen. Sie achtet für den unterliegenden Inflationstrend stärker auf die Daten ohne Berücksichtigung der schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise. EZB-Direktorin Isabel Schnabel sieht die Notenbank bei dieser Kernrate auf einem guten Weg. Dennoch könnten die ansteigenden Energiepreise die EZB dazu bewegen, die Zinsen nicht weiter zu senken.

Schließlich gibt es innerhalb des EZB-Rats ohnehin unterschiedliche Ansichten dazu, ob überhaupt noch Spielraum für eine weitere Lockerung der Geldpolitik vorhanden ist. Manche Ökonomen rechnen angesichts von preistreibenden strukturellen Faktoren wie dem demografischen Wandel damit, dass die EZB Ende 2026 die Zinsen sogar wieder erhöhen muss.

Signale für Zinspause im Juli

Eine Zinspause der Notenbank im Juli gilt als so gut wie gesetzt. Die Finanzmärkte rechnen aber mit einer weiteren Zinssenkung im September. Ob es dazu tatsächlich kommt, ist aktuell völlig offen, auch in den Augen der Notenbanker. „Ich glaube, es ist wichtig, eine Zinspause einzulegen“, sagte der litauische Notenbankpräsident Gediminas Simkus mit Blick auf die kommende Sitzung im Juli. Eine Zinssenkung im Herbst schließt er nicht aus, doch es sei noch zu früh, um diesbezügliche eine Entscheidung zu treffen. Ähnlich äußerten sich auch seine Amtskollegen aus Frankreich und Zypern in dieser Woche.

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