Inflation

Sorge vor Lohn-Preis-Spirale wächst

Die IG Metall will auch wegen der hohen Inflation 8,2% mehr Lohn fordern. Auch der DGB verlangt deutliche Lohnerhöhungen. Das schürt Sorgen vor einer gefährlichen Lohn-Preis-Spirale.

Sorge vor Lohn-Preis-Spirale wächst

ms Frankfurt

Neue Tarifforderungen und Aussagen von deutschen Gewerkschaften schüren die Sorge vor einer Lohn-Preis-Spirale und in der Folge vor einer Verfestigung der hohen Inflation. Die IG Metall forderte am Dienstagabend in der kommenden Tarifrunde für die Beschäftigten der Stahlindustrie 8,2% mehr Lohn. Zudem verlangte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, am Mittwoch we­gen des starken Preisschubs deutliche Lohnerhöhungen in diesem Jahr.

EZB zunehmend besorgt

Die Inflation in Deutschland ist, wie im Euroraum insgesamt, im Laufe des vergangenen Jahres vor allem als Folge der Coronakrise sprunghaft und viel stärker als allgemein erwartet angestiegen. Im März lag sie nach EU-Berechnung bei 7,6% und damit so hoch wie seit rund 40 Jahren nicht mehr. Aktuell wird der Preisschub durch den Ukrainekrieg befeuert. Die große Sorge ist, dass sich dieser Trend verfestigt – etwa dadurch, dass als Reaktion auch die Löhne deutlich steigen. Immer häufiger werden Pa­rallelen zu den 1970er Jahren gezogen, als genau dies passierte.

Eine solche Spirale, bei der sich Preise und Löhne gegenseitig immer weiter hochschaukeln, gilt auch der Europäischen Zentralbank (EZB) als zunehmendes Risiko – zumal zu­gleich die Inflationserwartungen spürbar angezogen haben. Nicht zuletzt deshalb öffnen sich die Euro-Hüter immer stärker für eine raschere Zinswende und erste Zinserhöhungen noch in diesem Jahr. Sie agieren aber weiter viel vorsichtiger als andere Notenbanken. Hintergrund ist auch, dass der Krieg zugleich die wirtschaftliche Aktivität stark belastet.

Die neuen Forderungen und Aussagen dürften jetzt aber auch in der EZB sehr aufmerksam verfolgt werden und für mehr Besorgnis sorgen. Die Tarifkommissionen der IG Metall empfahl dem Vorstand der Gewerkschaft die 8,2-Prozent-Forderung für die rund 68000 Beschäftigten in Nordwestdeutschland und für die rund 8000 Stahlkocher in Ostdeutschland. „Die Beschäftigten erwarten angesichts der stark steigenden Preise und der guten Situation in vielen Betrieben eine ordentliche Erhöhung ihrer monatlichen Entgelte“, betonte der Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer Knut Giesler.

Der Vorstand der IG Metall soll die Empfehlung der Tarifkommission am 8. Mai offiziell beschließen. Im Westen ist die erste Verhandlungsrunde am 13. Mai geplant. Die Friedenspflicht endet am 31. Mai. Der Arbeitgeberverband Stahl wies die Forderung der Gewerkschaft zurück. Einige, aber nicht alle Mitgliedsunternehmen erwarteten zwar auskömmliche bis gute Jahresergebnisse. Die Liquiditätssituation der Stahlindustrie sei aber insgesamt angesichts der explodierenden Rohstoff- und Energiepreise angespannt.

„Verteilungsspielraum ist da“

Wie die IG Metall verwies auch DGB-Chef Hoffmann auf die sehr hohe Inflation. „Ein Inflationsausgleich, eine Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den Produktivitätsgewinnen und eine gerechtere Verteilung bleiben die Hauptziele unserer Tarifpolitik“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Wir sehen doch, dass es an etlichen Stellen Verteilungsspielraum gibt, das zeigen Meldungen über Rekordgewinne und hohe Dividendenzahlungen.“ Die meisten Unternehmen könnten Lohnsteigerungen zahlen, ohne weiter die Preise zu erhöhen. Außerdem machten die Löhne nur einen – in manchen Branchen geringen – Teil der Gesamtkosten aus.

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