Deutsche Industrie

Spürbares Produktionsplus

Die deutsche Industrie produziert im Mai deutlich mehr als erwartet. Gesamtwirtschaftlich dürfte im Frühjahr trotz der Stabilisierung der Industrie kein nennenswertes Wachstum herauskommen.

Spürbares Produktionsplus

Spürbares Produktionsplus

Gesamtfertigung steigt unerwartet um 1,2 Prozent – Schwung von Auto und Pharma

ba Frankfurt

Die kräftigen Zuwächse in der Auto- und Pharmaindustrie haben im Mai zu einem unerwarteten Produktionsplus der deutschen Industrie geführt. Sorge bereitet allerdings der Rückgang im Baugewerbe. Auch wenn der Auftragseingang schwach ausgefallen ist, halten Ökonomen die Stabilisierungstendenzen der deutschen Konjunktur für intakt. Als Indiz gelten die Stimmungsindikatoren, die positive Signale senden. Gleichwohl erwarten sie für das zweite Quartal keinen nennenswerten Aufschwung, sondern erst im kommenden Jahr, wenn deutliche Impulse von der Finanzpolitik kommen werden.

April schwächer als bislang bekannt

Das Statistische Bundesamt (Destatis) meldet für das produzierende Gewerbe einen preis-, saison- und kalenderbereinigten Anstieg um 1,2% im Monatsvergleich. Ökonomen hatten mit einer Stagnation, allenfalls einem schmalen Plus, gerechnet. Zudem ist der April, der von den Zolldrohungen von US-Präsident Donald Trump am „Liberation Day“ gezeichnet war, noch schwächer verlaufen als bislang gemeldet: Die Statistiker revidierten das Produktionsminus von 1,4% auf 1,6% nach unten. Im Jahresvergleich legte die Gesamtfertigung um 1,0% zu.

„Damit lag die Produktion im April und Mai leicht über dem Durchschnitt des ersten Quartals und nährt die Hoffnung, dass die Industrie die Wende geschafft hat“, kommentiert Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Für das zweite Quartal sei allerdings kaum mit einem nennenswerten Plus beim BIP zu rechnen. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank verweist an dieser Stelle auf die schwachen Einzelhandelsumsätze, die auf eine schleppende Entwicklung des privaten Konsums im zweiten Quartal schließen lassen. Bedenklich findet er auch die Lage in den energieintensiven Produktionsbereichen. Hier weist Destatis ein Minus von 1,8% zum Vormonat sowie einen Rückgang um 4,8% im Jahresvergleich aus.

Sorgenkind Bau

Positive Impulse kamen im Mai von der Automobilindustrie (+4,9% zum Vormonat) und der Pharmaindustrie (+10,0%). Die Industrie im engeren Sinn weitete den Output um 1,4% aus. Die Energieerzeugung legte um 10,8% zu. Als „ernüchternd“ bezeichnet Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, die Vertiefung der Rezession im Bausektor. Hier gab es ein Minus von 3,9%. „Die Zinssenkungen der Notenbank wirken sich offensichtlich nicht positiv auf die Aktivität in diesem Sektor aus“, erklärt de la Rubia.

Das liege unter anderem daran, dass die EZB-Zinssenkungen zwar auf die kurzfristigen Zinsen wirkten, aber nicht auf die langfristigen, die relativ hoch geblieben seien. Darüber hinaus würden viele Unternehmen aus der Branche weiter über hohe Materialkosten klagen. Im Juni hat vor allem die Situation im Wohnungsbau die Stimmung des gesamten Bausektors belastet, die umfragebasierten Indikatoren von S&P Global sowie dem Ifo Institut haben dennoch leicht zugelegt.

„Aufwärtsbewegung fortgesetzt“

Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich stieg die Gesamtfertigung in den drei Monaten bis Mai mit 1,4% etwas stärker als zuvor, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Dieser Anstieg beruht auf der deutlichen Steigerung der Industrieproduktion (+2,2%), während der Ausstoß im Baugewerbe (–1,7%) spürbar abnahm und die Energieproduktion (–0,1 %) nahezu stagnierte. Damit scheine „die Industrieproduktion ihre seit Jahresbeginn zu beobachtende Aufwärtsbewegung fortzusetzen, nachdem sie infolge der US-Zollankündigungen im April einen vorübergehenden Dämpfer erlitten hatte“.

Unmittelbar vor Ablauf der Aussetzungsfrist der durch die US-Administration verhängten reziproken Zölle sei die weitere Entwicklung jedoch von hoher Unsicherheit geprägt, mahnte das Wirtschaftsministerium.

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