Konjunktur

Starker Inflations­schub in Großbritannien

Die britischen Verbraucherpreise sind im Oktober so stark gestiegen wie zuletzt im Dezember 2011. Volkswirte fürchten, dass der Inflationsdruck in den kommenden Monaten weiter steigen wird.

Starker Inflations­schub in Großbritannien

hip London

In Großbritannien hat im Oktober der Preisauftrieb überraschend stark zugenommen, was den Geldpolitikern der Bank of England ein weiteres Argument für eine baldige Leitzinserhöhung verschafft. Am Vortag hatten Daten zur Beschäftigung gezeigt, dass das Auslaufen der Lohnsubventionierung Ende September zu keinen großen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt geführt hat.

Wie das Statistikamt ONS mitteilte, stieg der Verbraucherpreisindex von 3,1 % auf 4,2 % im Oktober. Die Teuerungsrate erreichte damit den höchsten Wert seit Dezember 2011. Wie die Bank of England hatten Volkswirte im Schnitt nur 3,9 % auf der Rechnung. Die Kernrate schnellte von 2,9 % auf 3,4 % nach oben. Ökonomen hatten 3,1 % erwartet.

Staatliches Handeln übte großen Einfluss auf die Preisentwicklung aus. Zum einen stieg zum 1. Oktober die Preisobergrenze, die der Regulierer Ofgem Strom- und Gasversorgern gesetzt hat. Dadurch erhöhen sich die jährlichen Energiekosten für Haushalte mit einem Standardtarif im Schnitt um 139 auf 1 277 Pfund. Zum anderen lief Ende September eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf 5 % für das Gastgewerbe aus, die der Branche über die während der Pandemie erfahrenen Härten hinweghelfen sollte. Seitdem werden 12,5 % erhoben. Demgemäß groß war der Beitrag der entsprechenden Komponenten zum Anstieg der Teuerungsrate im Oktober. Auch der höhere Benzinpreis dürfte eine Rolle gespielt haben. Flugtickets, Gebrauchtwagen und Möbel verteuerten sich ebenfalls. Bemerkenswert waren die Preisanstiege von mehr als 1% zum Vormonat bei Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch.

Mit Blick nach vorn spricht der Europa-Volkswirt Marchel Alexandrovich von Jefferies von „einer langen Strecke sehr ungemütlicher Inflationsdaten, die vom Markt verdaut werden müssen“. Er rechnet damit, dass die Teuerungsrate im November 4,6 % und im Dezember knapp 5 % erreichen wird. Wichtiger als Energiepreise und die Auswirkungen von Versorgungsengpässen seien für die Geldpolitik die mittelfristigen Inflationstreiber. Deshalb konzentriere sich die Bank of England auf den engen Arbeitsmarkt und die möglichen Folgen für das Lohnwachstum. Dass sich das Arbeits­kräfteangebot trotz des Auslaufens der Lohnsubventionierung scheinbar weiter verknappt hat, könnte zu weiterem Inflationsdruck führen, schrieb der HSBC-Volkswirt Chris Hare in seiner Einschätzung der Daten. Nach den Überraschungen dieser Woche sei das Risiko einer Leitzinserhöhung im Dezember ge­stiegen. Der Volkswirt Sanjay Raja von der Deutschen Bank ging schon vor Bekanntgabe der Inflationsdaten davon aus, dass die Bank of England ihren Leitzins im kommenden Monat um 15 Basispunkte anheben wird.