Großbritannien

Sunak schließt Neuwahlen aus

Nachdem die letzte verbliebene Gegenkandidatin freiwillig das Feld geräumt hat, wird Rishi Sunak zum dritten Premierminister des Jahres 2022 in Großbritannien. Die Opposition fordert Neuwahlen, Sunak schließt sie aus.

Sunak schließt Neuwahlen aus

hip London

Rishi Sunak hat sich im Kampf um die Nachfolge von Liz Truss durchgesetzt. Bis 14.00 Uhr Londoner Zeit konnte er die Unterstützung von 197 Tory-Unterhausabgeordneten auf sich vereinigen. Die einzige verbliebene Gegenkandidatin Penny Mordaunt hatte wenige Minuten zuvor aufgegeben. Ihrem Team zufolge hatte sie mit 97 Befürwortern die vom 1922 Committee für eine Kandidatur gesetzte Schwelle von 100 knapp verfehlt. Öffentlich hatten sich nur 27 hinter sie gestellt. Sie freue sich für Sunak, sagte ­Mordaunt anschließend. Es habe sich um eine „historische Entscheidung“ gehandelt. „Ich bin stolz auf meine Partei“, fügte sie hinzu. „Ich denke, die Partei kann und muss sich einigen.“

Boris Johnson, der behauptete, 102 Abgeordnete für sich gewonnen zu haben, hatte noch früher das Handtuch geworfen. „Man kann nicht effizient regieren, wenn man im Parlament keine einige Partei hat“, schrieb er in einer persönlichen Erklärung. „Und obwohl ich mich sowohl an Rishi als auch an Penny gewandt habe, weil ich hoffte, dass wir im nationalen Interesse zusammenkommen würden, sind wir leider nicht in der Lage gewesen, einen Weg in diese Richtung zu finden.“ Er sei der Meinung, er habe viel zu bieten, doch fürchte er, dass es sich nicht um den richtigen Zeitpunkt dafür handele, schrieb Johnson. Nachdem sowohl er als auch Mordaunt ihre Kandidaturen zurückzogen, wird die Öffentlichkeit nicht erfahren, wie viele Unterstützer sie tatsächlich in der Partei gefunden haben.

„Mit Integrität und Demut“

„Wir brauchen jetzt Stabilität und Einheit“, sagte Sunak in seiner ersten Ansprache an die Nation. „Und ich werde es zu meiner größten Priorität machen, unsere Partei und unser Land zusammenzubringen.“ Er versprach, dem Land „mit Integrität und Demut“ zu dienen. Seine Rede war noch kürzer als der anderthalbminütige Auftritt, mit dem sich Liz Truss aus der Downing Street verabschiedete.

Die Opposition forderte Neuwahlen. Sunak schloss das aus. „Die Tories haben Rishi Sunak zum ­Premierminister gekrönt, ohne dass er ein einziges Wort dazu gesagt hat, wie er das Land regieren würde, und ohne dass irgend jemand die Chance hatte, wählen zu gehen“, sagte die stellvertretende Labour-Chefin Angela-Rayner. Es handele sich um denselben Sunak, der es nicht geschafft habe, die Wirtschaft zum Wachsen zu bewegen, die Inflation in den Griff zu bekommen oder Familien bei den steigenden Lebenshaltungskosten zu helfen. „Rishi Sunak hat kein Mandat und keine Vorstellung davon, was arbeitende Menschen brauchen“, sagte Rayner. „Wir brauchen Neuwahlen, damit die Öffentlichkeit die Möglichkeit hat mitzureden, wenn es um die Zukunft Großbritanniens geht – und die Chance auf einen Neuanfang mit Labour.“ Auch Nicola Sturgeon, die Führerin der Scottish National Party, sprach sich für Neuwahlen aus. „Und er sollte keine, darf keine weitere Runde der Sparpolitik anfangen“, schrieb sie auf Twitter. „Unsere öffentlichen Dienste würden das nicht aushalten.“

„Das ist nicht der gleiche Rishi Sunak, der während der Pandemie dem Weihnachtsmann Konkurrenz gemacht hat“, sagte die Analystin Sarah Coles von Hargeaves Lansdown. Er werde das Geld zusammenhalten müssen. „Santa Sunak“ gebe es nicht mehr. Als Premierminister werde er den von steigenden Energiepreisen bedrohten Haushalten wesentlich weniger Hilfe anbieten als seine Vorgängerin Liz Truss.

„Mag die Versuchung auch groß sein, zu glauben, dass es sich um einen großen Moment handelt: Es ist nicht so“, kommentierte Cary Mitchell von der Anti-Brexit-Putztruppe Best for Britain. Durch den Antritt Sunaks ändere sich nichts, nicht einmal die Regierungspartei, deren Vertreter bis kurz vor 14.00 Uhr damit beschäftigt gewesen seien, sich gegenseitig zu bekämpfen.