Studie des IfW Kiel

„Trump riskiert eine Weltwirtschaftskrise“

Ökonomen des Instituts für Weltwirtschaft warnen vor Parallelen mit der US-Zollpolitik in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Ähnlichkeiten mit der politischen Herangehensweise seien unverkennbar. Die USA hätten damals die Große Depression noch weiter verschärft.

„Trump riskiert eine Weltwirtschaftskrise“

„Trump riskiert globale Wirtschaftskrise“

IfW-Ökonomen sehen Parallelen zu US-Zollpolitik der 30er-Jahre – Dollar-Hegemonie wackelt – EU als neue Führungsmacht?

Die Folgen von Zollhürden für die Weltwirtschaft sind historisch belegt: Die Wirtschaftsdynamik geht zurück, die Produktion wird weniger effizient, die Preise steigen. Und die USA werden von den Boomerang-Effekten ihrer neuen Zollpolitik besonders hart getroffen, warnen die Kieler Ökonomen.

lz Frankfurt

Die Folgen der US-Zollpolitik in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts sollten für die USA nach Ansicht der Ökonomen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) eine Mahnung sein: Das amerikanische Zollgesetz von 1930 (Smoot-Hawley Tariff), das eigentlich notleidenden Landwirten helfen sollte, dann aber auf alle Produktgattungen ausgeweitet wurde, habe zu einem Desaster geführt – für die Weltwirtschaft, aber gerade auch für die USA. Denn die damaligen Handelspartner hätten das nicht so einfach über sich ergehen lassen, sondern Vergeltungsmaßnahmen ergriffen. Die Ausfuhren der USA in diese Länder seien dann um 33% gesunken.

Sorge vor Großer Depression

Dieser Rückgang hat der Studie zufolge zur Großen Depression beigetragen, die wiederum einen Währungskrieg ausgelöst habe. Es sei zu gegenseitigen Abwertungen gekommen, was den globalen Goldstandard zerrüttet und das Weltwährungssystem insgesamt zerstört habe. Im- und Exporte seien in der Folge zusätzlich um 21% eingeknickt. Letztendlich, so das Weltwirtschaftsinstitut, sei die internationale Koordination ganz aufgegeben worden und die Handelskosten schossen nochmals in die Höhe. Die bereits angeschlagene Weltwirtschaft stürzte immer tiefer in die Krise. Und die US-Politik? Sie konnte keines ihrer Ziele (Hilfen für die heimische Landwirtschaft, Stabilisierung der heimischen Produktion) erreichen – im Gegenteil.

„Mutter aller Handelskriege“

Die beiden Kieler Ökonomen Kris James Mitchener und Kirsten Wandschneider schildern in einer neuen Studie eindringlich die damals fatale Entwicklung und warnen vor den Folgen der ähnlich geschnittenen US-Zollpolitik heute. Und sie fordern die EU auf, schnellstens die Rolle der USA als globaler Heimathafen und Koordinator zu übernehmen, um die Folgen einigermaßen einzugrenzen. Ansonsten würden nur China und Russland von der Entwicklung profitieren.

Denn die Folgen könnten heute noch schlimmer ausfallen, weil dem Welthandel eine viel größere Bedeutung zukommt als damals. Daher könnten auch die Schäden einschneidender sein, warnen sie. Trump habe zwar mehrfach gesagt, dass „Handelskriege gut und leicht zu gewinnen“ seien, doch die historische Perspektive der „Mutter aller Handelskriege“ lege das Gegenteil nahe.

Zumal Trump auch im Hinblick auf das Weltwährungssystem mit ähnlichen Verhaltensweisen liebäugelt wie die Politik damals. Der US-Präsident hatte zuletzt mehrfach die Idee geäußert, den US-Dollar strategisch zu schwächen. Es sei, so mahnt Mitautor Mitchener, daher „auch heute vorstellbar, dass Länder zu Abwertungen greifen, falls sich der Handelskrieg verschärft und die globale Wirtschaftsleistung sinkt“.

Zölle und Steuersenkung

Auch fiskalisch gehe das Kalkül von Trump nicht auf, wonach er durch höhere Zolleinnahmen die Steuern senken könne. Mögliche theoretische Zolleinnahmen von 1,4 Bill. Dollar reichten nicht annähernd an die aktuellen Einnahmen durch die Einkommensteuer heran – nicht einmal an die von Trump versprochenen Steuersenkungen von mehr als 4,6 Bill. Dollar. Obendrein müsse das verarbeitende Gewerbe in den USA mit „massiven Unterbrechungen der Lieferketten“ rechnen und sei mit steigenden Preisen für Zwischenprodukte konfrontiert, was die Wettbewerbsfähigkeit von US-Produkten beeinträchtige. Zudem werde Onshoring, also die Rückverlagerung von Produktion aus dem Ausland in die USA, nicht kostenneutral ausgehen, sondern die Inlandspreise weiter erhöhen.

Präsident Trump und seine politischen Berater irrten, wenn sie glaubten, dass Zölle das Handelsdefizit verringerten. Denn bilaterale Überschüsse und Defizite würden nur die Unterschiede widerspiegeln, die sich aus komparativen Vorteilen und internationaler Spezialisierung ergeben. Obendrein würden die USA aktuell wertmäßig mehr ausgeben, als die produzierten. Um das Handelsdefizit zu verringern, müssten sie eigentlich zunächst hier ansetzen.

Fällt „maßloses Privileg“?

Gewaltige Zusatzkosten kämen auf die USA ferner durch die von ihnen selbst geschürten Unsicherheiten zu. Die Stabilität des Dollar sei gefährdet und ausländische Investitionen in den USA dürften eher zurückgehen. Amerikas „maßlosem Privileg“ durch den Dollar als Weltwährung drohe „in naher Zukunft ein Ende“. Das würde die US-Aussichten weiter schwächen.

Um die Fehler der 1930er-Jahre zu vermeiden, müsse die EU jetzt das globale Führungsvakuum füllen. „Europa sollte signalisieren, dass der Euro stabil und ein sicherer Hafen für Investoren ist, denn auch China wirbt aggressiv für den Renminbi als internationale Handels-, Kredit- und Reservewährung“, fordert IfW-Ökonom Mitchener.

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