Verbraucherpreise

US-Inflation beschleunigt sich weiter

Von Benzin über Autos und Flugpreisen bis hin zu Lebensmitteln: Im Juni stiegen die US-Verbraucherpreise so stark wie seit November 1981 nicht mehr. Um die Inflation in den Griff zu bekommen, könnte die Fed Ende des Monats den Leitzins um weitere 75 Basispunkte erhöhen. Gleichzeitig müssen die Währungshüter aber die Rezessionsgefahr im Auge behalten.

US-Inflation beschleunigt sich weiter

det Washington

Die US-Verbraucherpreise sind im Juni so stark gestiegen wie seit über 40 Jahren nicht mehr und könnten den Druck auf die Notenbank verstärken, die geldpolitischen Zügel noch straffer zu ziehen. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums berichtete, verteuerten sich Konsumgüter am CPI (Consumer Price Index) gemessen um 1,3% zum Vormonat und im Vorjahresvergleich um 9,1%. Eine höhere Rate war zuletzt im November 1981 gemessen worden. Bankvolkswirte hatten ein Plus von 8,8% vorausgesagt. Getrieben wurde die Inflation von Energieprodukten, deren Preise gegenüber Mai um 7,5% und auf Jahressicht um 41,6% stiegen. Bei der Jahresrate handelt es sich laut BLS um die höchste seit April 1980. Die Benzinpreise zogen um fast 60% an. Deutliche Zunahmen ermittelte das BLS auch bei Lebensmitteln, die um 10,4% teurer waren als im Juni 2021.

Kernrate legt weiter zu

Ohne Berücksichtigung der schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise lag die Kernrate des CPI bei 0,7% und auf Jahressicht bei 5,9%. Die Kernrate war mit 5,7% erwartet worden. Angeführt von Flugpreisen, die um mehr als ein Drittel kletterten, waren sowohl Transportleistungen als auch Neuwagen deutlich teurer.

Zwar ist nicht der CPI-, sondern der PCE-Index das bevorzugte Inflationsmaß der US-Notenbank. Gleichwohl glauben Experten, dass die jüngsten Zahlen Einfluss auf die Ende Juli anstehende Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) haben könnten. „Angesichts des zunehmenden Inflationsdrucks kann es sein, dass die Fed sowohl im Juli als auch bei der Sitzung im September weitere Zinserhöhungen um jeweils 75 Basispunkte beschließen wird“, sagte Stephanie Link, Chief Investmentstrategin bei dem Finanzberatungsunternehmen Hightower.

Weniger dramatisch schätzt Brian Deese, Direktor von Präsident Joe Bidens National Economic Council (NEC), die Lage ein. „Wir sollten nicht vergessen, dass diese Zahlen rückwärtsgerichtet sind und beispielsweise nicht den Rückgang der Benzinpreise während der letzten Wochen berücksichtigen“, so der NEC-Chef. Gleichwohl räumte er ein, dass die Kernrate nach wie vor zu hoch ist. „Umso dringender ist es nun, dass der Kongress aktiv wird und ein Gesetz zur Förderung der heimischen Halbleiterproduktion verabschiedet.“ Die steigenden Autopreise seien nämlich nicht nachfragegesteuert, sondern vielmehr das Ergebnis von Störungen in globalen Lieferketten und Versorgungsengpässen. Wichtig ist es laut Deese auch, neue Anreize zum Bau von Eigenheimen zu schaffen. Dort seien die hohen Preise ähnlich wie bei Autos in erster Linie eine Folge des zu geringen Angebots. Hinzu komme, dass die steigenden Zinsen auf dem Häusermarkt lasten, so Deese.

Lob für Geldpolitik der Fed

Unterdessen lobte der Internationale Währungsfonds (IWF) die von der Fed beschlossene Kursverschärfung. Wie der IWF in dem Artikel IV-Länderbericht schreibt, habe sich die Wirtschaft sehr schnell von dem Konjunktureinbruch als Folge der Corona-Pandemie erholt. Gleichwohl habe sich der Preisauftrieb „signifikant beschleunigt“. Folglich begrüßte der Währungsfonds die im Juni beschlossene Anhebung des Leitzinses um 75 Basispunkte ebenso wie den laufenden Bilanzabbau.

Der Notenbank müsse nun die Gratwanderung gelingen, die Inflation einzudämmen, ohne damit aber eine Rezession heraufzubeschwören. Die Sorgen um eine mögliche Rezession schlagen sich auch in den Prognosen des IWF nieder. Nachdem die Wirtschaftsleistung 2021 um 5,7% gestiegen war, rechnet der Fonds in diesem Jahr mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 2,3 % und 2023 mit einem Plus von nur 1,0 %. In dem Statement zur Mission vom 24. Juni lagen die Prognosen noch bei 2,9 % bzw. 1,7 %. An der PCE-Kernrate gemessen werde die Teuerungsrate dieses Jahr von 4,6% auf 4,4 % sinken und 2023 dann auf 2,2 % rutschen, so der Artikel-IV-Bericht.

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