US-Verbraucherpreise trotzen Trumps Einfuhrzöllen
US-Verbraucherpreise trotzen Trumps Einfuhrzöllen
det Washington
Die US-Verbraucherpreise sind im April weniger stark gestiegen als erwartet und schüren Hoffnungen, dass die Notenbank 2025 den Leitzins mindestens zweimal senken wird. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums meldete, verteuerten sich Konsumgüter gegenüber März saisonbereinigt um 0,2% und im Vorjahresvergleich um 2,3%. Bei der Jahresrate handelte es sich um den niedrigsten Wert seit Februar 2021. Im März hatte der Verbraucherpreisindex (CPI) auf Monatssicht um 0,1% nachgegeben, während die Jahresrate bei 2,4% gelegen hatte.
Wohnkosten treiben die Preise
Wie auch in den vergangenen Monaten waren steigende Mieten die treibende Kraft hinter der Verteuerung. Die Wohnkosten legten im Vormonatsvergleich um 0,3% zu. Die Energiekomponente des CPI stieg um 0,7%. Zwar geben die Benzinpreise nach. Deutlich teurer als im Vormonat waren aber Erdgas und Strom. Ohne Berücksichtigung der schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise kletterten die Verbraucherpreise auf Monatssicht um 0,2% und im Vorjahresvergleich um 2,8%. Im Vormonat hatten die Werte bei 0,1% und wie auch im April 2,8% gelegen. Das FedWatch Tool der CME Group hält mittlerweile Zinssenkungen im Juni und dann Ende Juli für sehr unwahrscheinlich. Nach jetzigem Stand liegt die Chance einer Lockerung um 25 Basispunkte im September bei über 50%.
Teurer als im Vormonat waren unter anderem Möbel, die von US-Präsident Donald Trumps Einfuhrzöllen direkt betroffen waren. Höhere Preise stellte das BLS auch bei der Krankenversorgung, der Schul- und Fortbildung sowie bei Autoversicherungsprämien fest. Niedriger als zuvor waren die Preise für Flugtickets, Gebrauchtwagen und Kommunikationsleistungen. Durchaus unerwartet war auch die Verbilligung, die das BLS bei Bekleidung ermittelte. Viele Textilien importieren die USA nämlich aus China.
Überraschende Preisstabilität
Dass alle Zahlen hinter den Markterwartungen zurückblieben, war vor allem deswegen überraschend, weil die Zölle, mit denen Trump Waren aus China überzogen hatte, während des gesamten Monats in Kraft waren. Auch hatte er am 2. April reziproke Abgaben für alle anderen Länder mit Ausnahme von Russland, Kuba und Belarus dekretiert, dann aber für 90 Tage wieder ausgesetzt. Angesicht dessen bleibt völlig offen, wie sich die Verbraucherpreise in den kommenden Monaten entwickeln werden. Abhängen wird dies unter anderem davon, ob Trump nach China auch mit anderen Partnern feste Vereinbarungen treffen wird, die gegenseitige Zölle aussetzen oder mit neuen Handelsabkommen ganz aufheben.
Bis zur nächsten Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) werden die Währungshüter noch mehrere Daten berücksichtigen können, die über den weiteren Konjunkturverlauf Aufschluss geben. Dazu zählen der Mai CPI, der April PCE-Deflator und mehrere Indikatoren der Verbraucherstimmung. Wichtig sind der Index der Verbraucherstimmung und die Einkaufsmanagerindizes (PMI) für das verarbeitende Gewerbe, weil die Fed nicht nur die inflationären Folgen der Zölle im Auge hat.
Sorgen um Jobs und Wachstum
Mehrere Notenbanker sorgen sich bereits um eine Abschwächung des Wachstums und den damit zusammenhängenden Folgen für den Jobmarkt. Diese erscheinen angesichts des Rückgangs der Wirtschaftsleistung um annualisierte 0,3% berechtigt. Auch ist das Vertrauen seitens der Verbraucher, deren Ausgaben 70% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen, während der letzten Monate weit abgerutscht.
John Williams, Präsident der Federal Reserve Bank of New York, sieht das FOMC vor einer Gratwanderung. Williams, der wahlberechtigtes Mitglied des FOMC ist, rechnet im weiteren Jahresverlauf mit geringerem Wachstum, zunehmendem Inflationsdruck und höherer Arbeitslosigkeit. Fraglich sei nur, wann und in welchem Umfang diese Effekte sich jeweils bemerkbar machen. „Deswegen sind mehr harte Daten erforderlich, ehe wir wissen, in welche Richtung die Zinsen gehen werden“, sagt Williams.
Zwei Zinsenkungen möglich
Aus der Sicht von Fed-Vorstandsmitglied Michael Barr überwiegt die Gefahr deutlich steigender Preise. Die längerfristig höhere Inflation würde das direkte Ergebnis von Störungen in globalen Lieferketten sein, glaubt Barr. Auch prophezeit er tiefgreifende Veränderungen in weltweiten Handelsnetzwerken. Dies werde laut Barr dazu führen, das viele kleinere Firmen nicht mehr wettbewerbsfähig sein werden und den Konkurs anmelden müssen. Nach jetzigem Stand liegt jedenfalls laut FedWatch Tool die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed den Zielkorridor für den Tagesgeldsatz im September um 25 Basispunkte senken wird, bei über 50%. Eine weitere Lockerung könnte dann im Spätherbst oder im Dezember folgen.