Geldpolitik

Was ein Fed-Tapering für die EZB bedeutet

US-Notenbankchef Jerome Powell hat eine Drosselung der billionenschweren Anleihekäufe der Fed in Aussicht gestellt. Was heißt das für den Euroraum und die EZB - und wie werden die Euro-Hüter reagieren?

Was ein Fed-Tapering für die EZB bedeutet

Von Mark Schrörs, Frankfurt

Wenn die US-Notenbank Fed wie von Fed-Chef Jerome Powell jetzt avisiert ihre billionenschweren Anleihekäufe in absehbarer Zeit drosselt und auslaufen lässt („Tapering“), wird das kaum ohne Folgen auch für den Euroraum bleiben – und damit auch nicht für die Europäische Zentralbank (EZB). Kein Wunder also, dass EZB-Chef­volkswirt Philip Lane schon vor der mit Spannung erwartete Jackson-Hole-Rede von Powell klargemacht hat, dass die EZB im Zweifelsfall zum Handeln bereitsteht.

„Die EZB ist kein passiver Beobachter. Wenn es Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen im Euroraum gibt, sind wir bereit und in der Lage, entsprechend zu handeln, wie wir bereits bewiesen haben“, sagte Lane kurz vor Powells Rede im Interview mit Reuters. Tatsächlich ist die wohl größte Sorge, dass ein Auslaufen der Fed-Anleihekäufe zu steigenden US-Anleiherenditen führt, die dann wiederum zu steigenden Zinsen im Euroraum führen könnten. Das Sichern günstiger Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, Haushalte und Staaten ist aktuell das zentrale Anliegen der EZB.

Bereits im Frühjahr hatte der auch von den USA mit ausgelöste Anstieg der Euro-Renditen den EZB-Rat dazu veranlasst, das Kauftempo beim Co­rona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP vorübergehend zu erhöhen. Falls als nötig angesehen, könnte der EZB-Rat das höhere Tempo auch über das dritte Quartal hinaus beibehalten, statt es wieder auf das Niveau des Jahresbeginns zu reduzieren. Zudem könnte er noch weitere Schritte ergreifen, wenn er es als nötig erachtet – etwa eine erneute Verlängerung und Aufstockung von PEPP erwägen. Derzeit ist das 1,85-Bill.-Euro-Programm bis Ende März 2022 angesetzt und die meisten Ex­per­ten erwarten, dass es dann endet.

Der EZB-Rat muss bei seinen Überlegungen aber ähnlich wie im Frühjahr genau abwägen, inwiefern ein etwaiger Renditeanstieg tatsächlich durch externe Faktoren ausgelöst ist und welche Rolle hiesige Entwicklungen spielen – etwa die deutliche Konjunkturerholung oder der unerwartet starke Inflationsanstieg.

Zudem gibt es auch noch andere Implikationen, die ein Fed-Tapering auf den Euroraum haben kann. Zu nennen ist da nicht zuletzt der Wechselkurs. Ein strafferer geldpolitischer Kurs in den USA führt tendenziell zu einem stärkeren Dollar – und einem schwächeren Euro. Davon würde die Euro-Wirtschaft profitieren. Zugleich würde grundsätzlich über verteuerte Importe die Inflation befeuert – was der EZB aktuell zupasskäme, weil sie trotz des jüngsten Inflationsanstiegs mittel- und langfristig eine eher zu niedrige Inflation befürchtet.

All das können die Euro-Hüter ein ihrer nächsten Zinssitzung am 9. September beraten. Die gilt gemeinhin als wegweisend, weil die EZB-Volkswirte neue Projektionen vorlegen und dann noch ein halbes Jahr bis zum aktuellen PEPP-Enddatum ist – was in der Vergangenheit oft ein Zeitpunkt für Entscheidungen war. Lane hat die Erwartungen an die September-Sitzung nun aber gedämpft.

Klar ist auf jeden Fall, dass die EZB selbst bei einem Auslaufen von PEPP noch weit hinter der Fed hinterher wäre. Denn das parallele Anleihekaufprogramm APP würde in jedem Fall weiterlaufen – und womöglich sogar noch aufgestockt werden.

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