Bank of England im Blindflug
Kommentar
Bank of England im Blindflug
Von Andreas Hippin
Die Geldpolitiker der Bank of England haben ein schwerwiegendes Problem: Die ihren Leitzinsentscheidungen zugrunde liegenden volkswirtschaftlichen Modelle benötigen verlässliche Daten. Doch das britische Statistikamt ONS kann nicht liefern. Deshalb sind sie mehr oder weniger im Blindflug unterwegs. Die Zinsen könnten deshalb höher sein als nötig.
Erst war die Arbeitsmarktstatistik unbrauchbar, weil das Office for National Statistics (ONS) einfach nicht mehr genug Arbeitgeber dazu motivieren konnte, seine Fragebögen auszufüllen. Dabei kommt dem Arbeitsmarkt im neokeynesianistischen Denken, das in der britischen Notenbank dominiert, eine zentrale Rolle zu. Bis heute ist das Problem, um das sich die Statistiker umgehend kümmern wollten, nicht gelöst.
Falsche Daten
Das ist nicht das einzige Problem: Für April wurde die Teuerungsrate um einen Zehntelpunkt zu hoch ausgewiesen, angeblich, weil die für die Kfz-Steuer zuständige Stelle des Verkehrsministeriums falsche Daten geliefert hatte. ONS-Chef Ian Diamond verabschiedete sich im vergangenen Monat in den Ruhestand – „aus gesundheitlichen Gründen“.
Eine von der Regierung in Auftrag gegebene Untersuchung kam zu dem Schluss, dass es beim aus Proporzgründen im Süden von Wales angesiedelten ONS „tiefsitzende Probleme“ gebe. Dazu gehörten neben der Vorliebe, sich auf Kosten des wenig aufregenden Kerngeschäfts auf Modethemen zu kaprizieren, schlechte Haushaltsführung und eine geringe Bereitschaft der Führungsetage, „schlechte Nachrichten zu hören und daraufhin zu handeln“.
Weniger Geld
Kurzum: In der Behörde machte zuletzt offenbar jeder, was er wollte. Zu den Lösungsvorschlägen gehört der Vorschlag einer Doppelspitze. Doch künftig hat das ONS real weniger Geld zur Verfügung. Denn Schatzkanzlerin Rachel Reeves muss sparen. Der geldpolitische Blindflug der Bank of England geht also weiter. Das wird nur keiner zugeben.