Unternehmensanleihen

US-Bondinvestoren droht böses Erwachen

Die Renditen von US-Unternehmensbonds gehen seit Monaten zurück. Doch drohen infolge unterschätzter Konjunkturrisiken schwere Turbulenzen.

US-Bondinvestoren droht böses Erwachen

US-Bondinvestoren droht böses Erwachen

Marktteilnehmer blenden schwere Konjunkturrisiken für Corporates seit Monaten aus – Emittenten stehen wohl schon bald vor schwierigeren Konditionen

xaw New York

Die Renditen am Markt für US-Unternehmensanleihen gehen seit Monaten zurück, die Risikoaufschläge gegenüber Treasuries bewegen sich nahe historischen Tiefs. Doch drohen infolge unterschätzter Konjunkturrisiken noch Turbulenzen, die Emittenten die Refinanzierung noch erheblich erschweren dürften.

Der Markt für US-Unternehmensanleihen zeigt sich aktuell als Insel der Seligen – doch drohen Investoren und Emittenten rüde aus ihrer wohligen Ruhe gerissen zu werden. Denn die Konjunkturrisiken, die Marktteilnehmer derzeit ausblenden, dürften laut Ökonomen im weiteren Jahresverlauf noch deutlich stärkere Durchschlagskraft entfalten und für neue Turbulenzen im Segment sorgen.

Renditen auf dem Rückmarsch

Bisher befinden sich die Renditen am Unternehmensanleihemarkt indes seit Monaten auf dem Rückmarsch. Die durchschnittliche Verzinsung amerikanischer Investment-Grade-Bonds ist zuletzt auf unter 5% abgerutscht und hat damit den niedrigsten Stand seit Oktober des vergangenen Jahres erreicht. Selbst die effektive Rendite des ICE BofA BBB US Corporate Index ist mit 5,15% deutlich unter die Spitzenniveaus aus dem Frühjahr gefallen – damals schockte US-Präsident Donald Trump mit der Verkündung reziproker Zölle gegen US-Handelspartner den Markt und sorgte dafür, dass auch die Verzinsungen der mit den schwächsten Bonitätsnoten ausgestatteten Anleihen des Investment-Grade-Segments in Richtung der Marke von 6% schossen.

Noch schärfer fällt der Rückgang im volatileren High-Yield-Segment aus, in dem die effektiven Renditen im April zeitweise bei 8,5% lagen und seither auf 6,7% abgerutscht sind. „Der Corporate-Bond-Markt ist nicht im Geringsten besorgt über einen ökonomischen Abschwung in den USA, geschweige denn eine Rezession“, heißt es in einem aktuellen Marktkommentar der Research-Firma DataTrek.

Risikoaufschläge auf historischen Tiefs

Das zeige sich auch an den Risikoaufschlägen gegenüber Staatsanleihen. Die Renditen langlaufender Treasuries haben infolge anhaltender Sorgen um die fiskalische Stabilität Washingtons sowie eines nach wie vor restriktiven geldpolitischen Kurses der Federal Reserve im laufenden Jahr Niveaus wie zu Zeiten der Finanzkrise 2008 erreicht. Nachdem sie sich selbst auf eine gewisse Entspannung im Markt hin auf einem deutlich erhöhten Level halten, sind die optionsadjustierten Spreads von Corporate Bonds auf historische Tiefs gefallen.

Lotfi Karoui, Chef-Investmentstratege von Goldman Sachs, rechnet damit, dass sich die Risikoaufschläge mittelfristig nicht bedeutend ausweiten – warnt zugleich aber vor konjunkturellen Abwärtsrisiken. Die UBS warnt vor unterschwelligen Gefahren, die den US-Credit-Markt angesichts des hohen Optimismus anfällig für Gefahren machen. Und andere Analysten verweisen darauf, dass die niedrigen Spreads nicht unbedingt ein Ausdruck tiefen Vertrauens in Emittenten amerikanischer Unternehmensanleihen seien – sondern eben eher ein Signal dafür, dass das Zutrauen in den Staat als Schuldner relativ zur Privatwirtschaft abnehme.

Sorge um fiskalische Stabilität

In der ersten Hälfte des Fiskaljahres 2025, die auch die ersten drei Monate der Amtszeit von Präsident Donald Trump beinhaltete, hat sich das US-Haushaltsdefizit auf den rekordverdächtigen Wert von über 1,3 Bill. Dollar ausgeweitet, den nur das Minus aus der Hochphase der Corona-Pandemie übertrifft. Trumps Mega-Haushaltspaket, die im Juli unterzeichnete „Big, Beautiful Bill“, verschärft die Lage noch. Das unabhängige Congressional Budget Office (CBO) rechnet damit, dass sich das Defizit infolge erhöhter Staatsausgaben unter anderem für Militär und Grenzschutz über das kommende Jahrzehnt um zusätzliche 3,4 Bill. Dollar ausweiten wird. Im laufenden Fiskaljahr werde sich das Haushaltsloch auf 6,2% des Bruttoinlandsprodukts belaufen. Dass es über die kommende Dekade nachhaltig unter die Marke von 6% fallen wird, sehen die CBO-Prognosen nicht vor.

Allein „um auf Dauer ein Primärdefizit von 3% des BIP aufrechtzuerhalten, braucht man eine Kombination von extrem starkem Wirtschaftswachstum und extrem niedrigen Realzinsen“, betonte Jan Hatzius, Chefvolkswirt von Goldman Sachs, bereits zu Jahresbeginn im Interview der Börsen-Zeitung. Ein solches Zusammenspiel sei aber unwahrscheinlich, weil Wachstum und Zinsen in der Regel gemeinsam auf und ab gingen.

Belastungen für Verbraucher voraus

Die Goldman-Ökonomen betonen zudem, dass der US-Wirtschaft schwere Belastungen durch Trumps Zollpolitik wohl erst noch bevorstehen. Gemäß einer Studie des Geldhauses haben amerikanische Verbraucher bis Ende Juni 22% der Kostenanstiege durch die Zollpolitik des Republikaners geschultert – in den kommenden Monaten aber wohl 67% absorbieren müssten, wenn weitere Handelsvereinbarungen Washingtons ähnlich ausfielen wie die zuletzt geschlossenen.

In der vergangenen Woche veröffentlichte Daten zeigen zwar, dass der Anstieg der Verbraucherpreise zum Vorjahr im Juli konstant geblieben ist – doch die bei Notenbankern viel beachtete Kernrate der Inflation zog so stark an wie seit fünf Monaten nicht und damit stärker als erwartet. Zuletzt wütete Trump bereits gegen Walmart, da der Einzelhandelsriese bei seiner jüngsten Zahlenvorlage ankündigte, aufgrund der Zölle die Preise erhöhen zu müssen, da altes Inventar aufgebraucht sei und nun mit „Tariffs“ belegte Produkte die Regale dominierten.

Börsen-Zeitung, ben/iGrafik.de

Auch Christian Englert, Treasurer der DZ Bank in New York, mahnt an, dass die Effekte der Strafzölle gegen US-Handelspartner wohl erst zum Jahresende vollumfänglich absehbar seien. Dann könnten auch die Margen vieler Unternehmen unter Druck geraten – eine Entwicklung, die zu höheren Credit Spreads am Corporate-Bond-Markt führen könne. Englert verweist zudem auf die bemerkenswert robuste Entwicklung der CDX-Benchmark – der Index bildet Credit Default Swaps von Emittenten aus Nordamerika und Schwellenländern nach und deutet derzeit auf niedrige Ausfallrisiken im Markt hin.

Viel Raum für Spread-Ausweitung

Allerdings stehe den Finanzmärkten trotz der fiskalischen Expansion noch eine angespannte Liquiditätssituation bevor. Denn die Federal Reserve dürfte die Zinsen trotz Drucks durch das Weiße Haus bei weitem nicht so schnell senken wie vom Trump-Lager gewünscht, betonen Ökonomen. Zudem geht Wells Fargo davon aus, dass die Notenbank ihre Quantitative Straffung auch über das Jahresende hinaus fortsetzt, nachdem sie ihre Bilanzsumme bereits vom Mitte 2022 erreichten Rekordniveau nahe bei 9 Bill. Dollar auf zuletzt 6,64 Bill. Dollar reduziert hat. Angesichts historisch niedriger Spreads „besteht also viel Raum für eine Ausweitung der Spreads, sobald die Liquiditätsverknappung für mehr Marktteilnehmer spürbar wird”, sagt Englert.

Noch nutzen Unternehmen die vergleichsweise günstigen Finanzierungskonditionen aber aus. Laut dem Branchenverband Securities Industry and Financial Markets Association (Sifma) haben US-Corporate-Emittenten im ersten Halbjahr 2025 Anleihen im Volumen von 1,18 Bill. Dollar auf den Markt geworfen, dies bedeutet einen Anstieg von 6% gegenüber dem Vorjahr. Wie der Broker Charles Schwab betont, sind rechtzeitige Refinanzierungen auch dringend nötig, da eine gewaltige Fälligkeitenwelle auf die Finanzmärkte zurolle. Zwischen 2026 und 2033 würden allein High-Yield-Anleihen im Volumen von über 2,7 Bill. Dollar fällig – schon in den kommenden Monaten drohen sich die Konditionen für Emittenten aber schwer einzutrüben.