Live-Interview

FTX-Gründer streitet Betrugs­vorwürfe ab

FTX-Gründer Sam Bankman-Fried will das Ausmaß der Missstände in seinem Imperium nicht gekannt haben. Sein erster öffentlicher Auftritt seit dem Kollaps seiner Kryptobörse ruft viel Kritik hervor.

FTX-Gründer streitet Betrugs­vorwürfe ab

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Der Gründer der insolventen Kryptobörse FTX streitet Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Kollaps seines Unternehmens ab. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt, seitdem die Handelsplattform in den USA Gläubigerschutz beantragen musste, behauptete Sam Bankman-Fried, niemals wissentlich FTX-Kundengelder zur Besicherung gehebelter Wetten seines Trading-Hauses Alameda Research missbraucht zu haben. Er sei überrascht vom Ausmaß der Trades von Alameda, die schiefgegangen seien, sagte der 30-Jährige im Rahmen einer Konferenz der „New York Times“ am Mittwochabend amerikanischer Zeit, bei der er via Videostream zugeschaltet war.

Verantwortung abgewälzt

Der Auftritt Bankman-Frieds, der sich derzeit auf den Bahamas aufhält, war mit Spannung erwartet worden. Kritiker forderten, der mutmaßliche Betrüger dürfe keine Bühne erhalten. Tatsächlich nutzte der FTX-Gründer das Live-Interview, um sich schockiert über das Ausmaß der Missstände innerhalb seines Geschäftsimperiums zu zeigen – und die Verantwortung für den Zusammenbruch somit zumindest teilweise abzuwälzen.

FTX geriet Anfang November in Liquiditätsnöte, nachdem Berichte über Solvenzprobleme bei der Schwesterfirma Alameda die Runde machten und der hauseigene Token der Kryptobörse, FTT, einbrach. Zunächst kündigte die Konkurrentin Binance eine Übernahme der Kryptobörse an – nahm von diesem Plan aber Abstand, nachdem sie bei ihrer Due Diligence auf ein Bilanzloch von bis zu 8 Mrd. Dollar stieß.

Am 11. November stellte FTX in den Vereinigten Staaten schließlich einen Antrag auf Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts. Insolvenzverwalter John J. Ray, der bereits die Abwicklung des Energiekonzerns Enron und die Restrukturierung des Bekleidungsherstellers Fruit of the Loom begleitete, schimpfte kurz darauf, „noch nie ein so umfassendes Versagen der Unternehmenskontrolle und ein solch vollständiges Fehlen vertrauenswürdiger Finanzinformationen“ gesehen zu haben wie bei der Kryptohandelsplattform.

Bankman-Fried räumte bei seinem Auftritt ein, elementare Management-Fehler begangen zu haben. Allerdings gab der einst als Krypto-Wunderkind gefeierte Unternehmer in einem Investorencall Mitte des vergangenen Monats laut Teilnehmern bereits zu, Alameda mit milliardenschweren Krediten von FTX gestützt und dazu auch Kundenmittel genutzt zu haben. Nach eigener Darstellung wurde Bankman-Fried erstmals am 6. November darauf aufmerksam, dass die großvolumigen gehebelten Positionen von Alameda auf FTX Anlass zur Besorgnis boten.

Ehemalige Mitarbeiter werfen dem 30-Jährigen indes vor, seit jeher kein adäquates Risikomanagement betrieben zu haben. Bereits 2018 verließen FTX-Mitgründerin Tara Mac Aulay und eine Gruppe von Kollegen die Handelsplattform, angeblich aus Protest über Bankman-Frieds leichtfertige Einstellung sowie Compli­ance- und Accounting-Mängel.

Nun laufen Untersuchungen von US-Bundesbehörden zum FTX-Kollaps. Bankman-Fried könnte sich laut Experten auch strafrechtlich für seine Rolle in dem Zusammenbruch verantworten müssen.

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