Aufsicht nimmt sich Ex-Star-Fondsmanager vor

Millionenstrafe für Neil Woodford

Die britische Finanzaufsicht hat Geldstrafen von knapp 46 Mill. Pfund gegen den Ex-Star-Fondsmanager Neil Woodford und seine Firma verhängt.

Millionenstrafe für Neil Woodford

Millionenstrafe für
Star-Fondsmanager Neil Woodford

von Andreas Hippin, London

Die britische Finanzaufsicht FCA hat Geldstrafen von knapp 46 Mill. Pfund gegen den ehemaligen Star-Fondsmanager Neil Woodford und dessen Firma verhängt. Rund 300.000 Anleger wurden geschädigt, als der LF Woodford Equity Income Fund Liquiditätsprobleme bekam und zusammenbrach.

Als der einst als „britische Antwort auf Warren Buffett“ gefeierte Stockpicker seinem ehemaligen Arbeitgeber Invesco Perpetual den Rücken kehrte, um sich mit Woodford Investment Management (WIM) selbständig zu machen, folgten ihm Gelder in Milliardenhöhe. Der Vermögensverwalter St. James’s Place war nur einer der Kunden, die ihm ihr Geld auch weiterhin anvertrauen wollten. Auch zahlreiche Kleinanleger folgten Woodford.

„Unvernünftig und unangemessen“

Doch sein Flaggschifffonds fuhr im Juni 2019 gegen die Wand. Zu viele Anteilseigner wollten angesichts sinkender Rücknahmepreise ihre Stücke zurückgeben. Denn das „Orakel von Oxford“ hatte die Möglichkeit, bis zu einem Zehntel des Fondsvolumens in illiquide Assets zu investieren, voll ausgereizt. Woodford und WIM hätten zwischen Juli 2018 und Juni 2019 „unvernünftige und unangemessene Anlageentscheidungen“ getroffen, urteilte die Financial Conduct Authority (FCA). Sie hätten in unverhältnismäßiger Weise liquide Investments verkauft und weniger liquide gekauft.

Es war die FCA, die solchen Fonds erlaubt hatte, bis zu ein Zehntel ihres Volumens in illiquide Assets zu investieren. Dabei war die Definition von „illiquide“ sehr eng gefasst,. Es reichte aus, wenn ein Unternehmen vorhatte, an die Börse zu gehen, um seine Anteile als „liquide“ Assets zu behandeln. Mit Blick auf den Private-Markets-Boom derzeit war Woodford gewissermaßen ein Pionier. Denn er erkannte, dass ein Großteil des Wertzuwachses bei vielen Unternehmen vor dem Börsengang stattfindet.

Liquiditätsrisiken ignoriert

Die FCA wirft Woodford ein „mangelhaftes“ und „unangemessen begrenztes“ Verständnis seiner Verantwortlichkeiten vor. Er habe auch die Zusammenarbeit mit dem Fondsdienstleister Link nicht hinreichend beaufsichtigt. Link hatte auf Liquiditätsrisiken hingewiesen. Als die Rücknahme der Fondsanteile ausgesetzt wurde, konnten der FCA zufolge lediglich 8% des Portfolios innerhalb von sieben Tagen zu Geld gemacht werden. Nach den damals gültigen Regeln hätten die Anleger ihr Geld jedoch binnen vier Tagen zurückerhalten müssen.

Woodford und WIM hätten nicht in angemessener Weise reagiert, als die Fondsanteile an Wert verloren, die Liquidität sich verschlechterte und immer mehr Investoren ihr Geld abzogen. Das habe diejenigen benachteiligt, die nicht rechtzeitig zum Ausgang strebten.

Weder Etonian noch Oxbridge-Absolvent

Woodford sieht das naturgemäß ganz anders. Anleger hätten wegen der von Link getroffenen Entscheidungen nicht von positiven Entwicklungen bei Portfoliounternehmen profitieren können. Oxford Nanopore entwickelte einen Sars-CoV-2-Schnelltest, Synairgen entdeckte eine mögliche Covid-19-Therapie, und Kymab wurde von Sanofi übernommen.

Anders als viele seiner Kollegen in der Branche ging Woodford weder in Eton zur Schule noch besuchte er eine der Eliteuniversitäten von „Oxbridge“. Der Vater zweier Kinder war auf der Maidenhead Grammar School und studierte Agrarwirtschaft an der University of Exeter. Seine Finanzkenntnisse erwarb er an der London Business School. 1987 wurde er Fondsmanager bei Eagle Star. Woodford lief gerne mit schwarzem T-Shirt und Jeans durch das Büro seiner Firma, wie einst Steve Jobs bei Apple.

Rechtsmittel eingelegt

Von den Geldstrafen entfielen rund 5,9 Mill. Pfund auf Woodford persönlich. Zudem will ihm die FCA Berufsverbot erteilen. Er soll künftig weder Führungsfunktionen in der Finanzbranche übernehmen noch Fonds managen dürfen, die an Kleinanleger vermarktet werden. Woodford und WIM haben Rechtsmittel eingelegt. Die Strafen sind also noch nicht rechtskräftig. Das Upper Tribunal wird darüber entscheiden. Einen Termin dafür gibt es noch nicht.

„Eine Führungskraft in der Finanzdienstleistungsbranche zu sein, bringt sowohl Profilierung als auch Verantwortlichkeiten“, sagte Steve Smart, der bei der Behörde für Strafverfolgung und Marktaufsicht verantwortlich zeichnet. „Herr Woodford akzeptiert einfach nicht, dass er irgendetwas mit dem Liquiditätsmanagement des Fonds zu tun hatte.“ Anleger sollten zumindest erwarten können, dass diejenigen, die ihr Geld verwalten, vernünftige Entscheidungen treffen und ihren Job ernst nehmen.