Übernahmeangebot

Telecom-Italia-Chef Gubitosi agiert als Strippenzieher

Das KKR-Angebot könnte Gubitosi retten. Denn KKR hatte das Terrain vor der Offerte längst sondiert und Italiens Regierung ist nicht grundsätzlich dagegen.

Telecom-Italia-Chef Gubitosi agiert als Strippenzieher

Von Gerhard Bläske, Mailand

Telecom-Italia-Großaktionär Vivendi, der 23,8% der Anteile hält, will TIM-CEO Luigi Gubitosi (60) loshaben. Vielleicht planen die Franzosen schon bei der Sondersitzung des Aufsichtsrats am Freitag seinen Sturz. Denn sie verdächtigen ihn nicht nur, hinter dem von ihnen zurückgewiesenen Übernahmeangebot des US-Investors KKR für Telecom Italia (TIM) zu stecken. Sie sind auch extrem unzufrieden mit Gubitosis Unternehmensführung: Zwei Gewinnwarnungen innerhalb von drei Monaten, ein massiver Gewinneinbruch und eine Kooperation mit dem Streamingdienst Dazn zur Übertragung von Fußballübertragungsrechten, die ein Schlag ins Wasser waren. Der Aktienkurs war am Freitag auf 35 Cent eingebrochen und zog erst nach Vorlage des Übernahmeangebots auf zuletzt knapp 44 Cent an. Die Franzosen hatten seinerzeit aber mehr als 1 Euro je Aktie gezahlt.

Das KKR-Angebot könnte Gubitosi retten. Denn KKR hatte das Terrain vor der Offerte längst sondiert und Italiens Regierung ist nicht grundsätzlich dagegen. Sie will nur „strategische Interessen“ schützen, vor allem das Netz. Rom kontrolliert über die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) 10% des TIM-Kapitals und könnte das Übernahmeangebot über die Goldene Aktie blockieren. Gubitosi ausgerechnet in dieser Situation abzulösen, in der womöglich CVC und Advent Gegenangebote vorlegen, könnte TIM weiter destabilisieren. Und das dürfte Rom kaum wollen. Die Franzosen haben im Verwaltungsrat ohnehin keine Mehrheit. Zudem hat Gubitosi als langjähriger Fiat-Chrysler-Manager, ehemaliger Chef der staatlichen Rundfunkgesellschaft RAI, früherer Chef der Bank of America Italia sowie Ex-Sonderkommissar der staatlichen Airline Alitalia gute Kontakte in die Politik.

KKR soll angeblich offen dafür sein, TIM in eine Netz- und eine Servicesparte aufzuteilen. Das könnte den Interessen der Regierung entgegenkommen, die die Kontrolle über das Netz behalten möchte. KKR ist bereits mit 37,5% an der mehrheitlich von TIM kontrollierten Netzgesellschaft Fibercorp beteiligt, die die Regierung mit dem Konkurrenten Open Fiber zusammenspannen will, an dem die CDP 60% hält. Bis dato zeigt sich Brüssel eher ablehnend. Rom besteht auf der Kontrolle, weil ein großer Teil der Mittel des europäischen Wiederaufbauprogramms für die Digitalisierung des Landes in das Netz fließen soll. Doch Gubitosi, der in Neapel Jura studiert hat, dann an die London School of Economics wechselte und später an der französischen Eliteuniversität Insead in Fontainebleau bei Paris einen MBA erwarb, hat womöglich seine letzten Karten noch nicht ausgespielt.

Zudem gilt der mit einer Adligen verheiratete Neapolitaner als bestens vernetzt, einflussreich und als geschickter Strippenzieher: An die TIM-Spitze kam er im November 2018, nachdem sein Vorgänger, der Vivendi-Mann Amos Genish, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion gestürzt worden war. Die staatliche CDP hatte sich damals mit dem US-Investor Elliott gegen Vivendi verbündet, um den französischen Einfluss auf TIM zurückzudrängen.

Pikant ist, dass just an diesem Donnerstag Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron nach Rom kommt, um dort einen Kooperationsvertrag zwischen Italien und Frankreich abzuschließen. Dabei dürfte es auch um Telecom Italia gehen. Vincent Bolloré, Chef des TIM-Großaktionärs Vivendi, einem Medienkonzern, gehört aber zu den schärfsten politischen Gegnern Macrons.