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Geldwäsche-Regulierung zieht an

Cyberdevisen folgt der Ruf, zur Geldwäsche eingesetzt zu werden. Laut Rechtsexperten dürfte die fortschreitende Regulierung von Krypto-Dienstleistern dazu führen, dass schwarze Schafe aussortiert werden.

Geldwäsche-Regulierung zieht an

Von Tobias Fischer, Frankfurt

Bitcoin, Ether, Monero, Dogecoin und weitere Cyberdevisen werden gemeinhin als Währungen des Dark­nets gescholten. Welch Wunder, dass die Anonymität, Schnelligkeit und Leichtigkeit, mit der diese und rund 6 000 andere Kryptowährungen Finanztransaktionen abzuwickeln verheißen, jene auf den Plan rufen, die lieber im Dunkeln agieren. Mittlerweile hat hier die Gegenbewegung der Geldwäschebekämpfer Fahrt aufgenommen. Rechtsexperten sehen die Regulierer und Aufseher auf einem guten Weg.

Auf rund 10 Mrd. Dollar schätzt der Blockchain-Datenanbieter Chaina­lysis das globale Transaktionsvolumen von Kryptowährungen, das im vergangenen Jahr kriminellen Machenschaften zuzuordnen war. Im Vergleich mit den 2,5 Bill. Dollar, die nach Einschätzung der europäischen Polizeibehörde Europol 2020 global zumindest verdächtig waren, gewaschen worden zu sein, stellt das fast einen Klacks dar. Europol taxiert den Gesamtwert potenziell illegaler Transaktionen damit auf etwa 3% des global erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukts.

Die Bundesregierung stufte das Geldwäscherisiko mit Kryptowerten vor zwei Jahren als „mittel bis niedrig“ ein. Hierzulande seien noch keine großumfänglichen Aktivitäten erkennbar, hieß es in der ers­ten na­tio­na­len Ri­si­ko­ana­ly­se zur Geldwäsche un­ter Fe­der­füh­rung des Bundesfinanzmi­nis­te­ri­ums. Gleichwohl erging angesichts der zunehmenden Verbreitung von Kryptowerten eine Warnung über die damit verbundenen wachsenden Risiken.

Ein überproportional stark steigendes Aufkommen an Geldwäscheverdachtsmeldungen mit Bezug zu Kryptowerten hat die Financial Intelligence Unit (FIU) ausgemacht, wenn auch von niedriger Basis ausgehend. Nach dem Geldwäschegesetz Verpflichtete wie Banken, Immobilienmakler, Glücksspielveranstalter, Anwälte und andere müssen im Falle suspekter Finanztransaktionen Verdachtsmeldungen an die FIU abgeben. Die entscheidet dann, ob Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet werden. 144000 Verdachtsmeldungen gingen im vergangenen Jahr bei der Spezialeinheit des Zolls ein. Im Vergleich zur Gesamtzahl macht sich die Zahl der Berichte mit Krypto-Bezug mit 2050 verschwindend gering aus, wenngleich es gegenüber 2019 fast einer Verdreifachung der Meldungen mit der Angabe „Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen“ entsprach.

Gatekeeper unter Kontrolle

Als äußerst sinnvoll erachten Charlotte Salathé und Markus Kaulartz von der Anwaltskanzlei CMS Hasche Sigle das Vorgehen der Geldwäschebekämpfer, Schnittstellen zwischen Krypto- und Fiatgeld zu kontrollieren, also Handels- und Umtauschplätze in die Pflicht zu nehmen. „Der Ansatz derzeit ist, die Gatekeeper zu regulieren“, sagt Kaulartz, der sich auf Blockchain-Recht spezialisiert hat. Diese müssten sicherstellen, dass nur Kryptowerte aus sauberen Quellen an Dritte gelangen können.

Mit der 5. EU-Geldwäscherichtlinie, die in Deutschland zum 1. Januar 2020 in geltendes Recht umgesetzt worden ist, sind Unternehmen, die Kryptoverwahrgeschäfte anbieten, also Verwahrung, Verwaltung und Sicherung von Kryptowerten, Finanzdienstleistungsunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes. Da­mit benötigen sie eine entsprechende Li­zenz der BaFin und müssen fortan als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz bestimmte Pflichten erfüllen. Dazu zählen etwa die Identifizierung ihrer Kunden (Know your Customer/KYC), die Überwachung von Finanztransaktionen und die Abgabe von Verdachtsmeldungen an die FIU im Fall von Auffälligkeiten.

Deutschland habe die in der 5. EU-Geldwäscherichtlinie formulierten Anforderungen überumgesetzt, sagt Salathé. Die EU wiederum hat sich orientiert an den Vorgaben der Financial Action Task Force (FATF). Der internationale Standardsetzer in der Geldwäschebekämpfung war in den vergangenen Jahren auch und gerade in der Kryptoregulierung rührig. „Selbst im weltweiten Vergleich sind wir damit ziemlich vorn dabei“, erläutert die Rechtsanwältin, deren Schwerpunkt auf Korruptions- und Geldwäscheprävention liegt.

Ebenso begrüßt sie das Anti-Geldwäsche-Paket, das die Europäische Kommission im Juli vorgelegt hat und in den noch auszuhandelnden Entwürfen den gesamten Krypto-Sektor den EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche unterstellt. Bislang sind beispielsweise auf EU-Ebene nicht alle Krypto-Dienstleistungsanbieter dazu verpflichtet, die Identität ihrer Kunden festzustellen. Die Kommission beabsichtigt EU-weit sicherzustellen, dass Transfers von Kryptowerten komplett nachverfolgt werden können und anonyme Krypto-Geldbörsen verboten werden. „In Deutschland wird man dadurch aber keine großen Änderungen zu erwarten haben“, erklärt Salathé, schließlich unterlägen viele Kryptodienstleister hierzulande schon jetzt geldwäscherechtlichen Pflichten – eine Folge der Übererfüllung europäischer Vorgaben durch Deutschland. Neben den Verwahrern fielen beispielsweise unter anderem auch Anbieter, die Kryptowerte in gesetzliche Zahlungsmittel tauschten und umgekehrt, darunter.

Von Bedeutung seien angesichts des grenzüberschreitenden Charakters von Geldwäsche übergreifend einheitliche Regeln, sagt Salathé: „Da Kryptotransaktionen nicht an Landesgrenzen haltmachen, ist es sehr sinnvoll, einen harmonisierten Rahmen auf EU-Ebene herzustellen.“

Bundesregierung prescht vor

Vorgeprescht ist die Bundesregierung auch mit der sogenannten Kryptowertetransferverordnung, die zum 1. Oktober in Kraft getreten ist. Sie setzt damit FATF-Vorgaben, die sogenannte Travel Rule, um und verlangt Kryptodienstleistern bei der Übertragung von Kryptowerten ab, Daten zu Auftraggeber und Begünstigten zu übermitteln und festzuhalten. „Wegen der hohen Risiken durch anonyme Kryptowertetransfers kann die Anpassung der europäischen Regulierung nicht abgewartet werden“, hieß es im Verordnungsentwurf des Bundesfinanzministeriums. Ziel ist die lückenlose Rückverfolgbarkeit der Beteiligten. „Transaktionen in Kryptowährungen sollen genau den gleichen Transparenzanforderungen unterliegen wie Transaktionen in Euro“, erklärt Salathé. 

Ihr Kollege Kaulartz macht deutlich, dass es davon unabhängig mit der Anonymität von Kryptowerten ohnehin nicht immer so weit her ist wie allgemein erwartet. Bitcoin etwa ist nicht anonym, sondern pseudonym, Transaktionen lassen sich überdies rückverfolgen. „Außerdem ist es spätestens beim Versuch mit der Anonymität vorbei, mit seinen Bitcoin die Gatekeeper zu passieren. Online-Kryptobörsen oder Bitcoin-Automaten-Betreiber sind Geldwäscheverpflichtete und müssen auflösen, wer sich hinter einer reinen Wallet-Adresse verbirgt.“

Generalverdacht unfair

Obwohl seines Erachtens Kryptowährungen wie Bitcoin von Kriminellen weidlich für ihre Zwecke missbraucht werden, warnt Kaulartz vor Übertreibungen. Ihr Anteil an illegalen Transaktionen sei alles in allem gering, und die Überbetonung negativer Aspekte werde den vielen Vorteilen des Bitcoins und der dahintersteckenden Technologie nicht gerecht. „Früher hätte man einen Koffer mit Geld an der Straßenecke übergeben, jetzt ist es eben auch möglich, das digital im Darknet zu machen. Leider hat dies den Bitcoin in Verruf gebracht – was schlichtweg nicht fair ist“, sagt der Jurist.

Die Vorstöße der Regulierer und Aufseher betrachtet Kaulartz als geeignet, schwarze Schafe auszusortieren. „Viele Unternehmen aus der Branche werden nervös, weil sie den hohen Aufwand scheuen, der aus geldwäscherechtlicher Sicht auf sie zukommt. Andererseits verstehen sie das aber.“ Denn je mehr der Bereich vernünftig reguliert wird, desto attraktiver werde er für Investoren. Auch Anwältin Salathé hält die Initiativen zur Geldwäschebekämpfung im Kryptosektor für zweckmäßig. „Was auf deutscher Ebene passiert ist, hat im Kryptobereich Vorbildcharakter. Dazu zählt auch die Überumsetzung der Geldwäscherichtlinie Anfang 2020.“ Man müsse sich vor Augen führen, regulatorisch vor nicht allzu langer Zeit noch „auf der grünen Wiese“ gestanden zu haben.

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