Celsius-Insolvenz

Investoren an letzter Stelle

Der Insolvenz des Lending-Anbieters Celsius Network dürften Zusammenbrüche weiterer Krypto-Unternehmen folgen. Die Interessen der geschädigten Investoren treten dabei zunehmend in den Hintergrund.

Investoren an letzter Stelle

Anhand der Insolvenz des Lending-Anbieters Celsius Network zeigt sich exemplarisch, dass die Interessen der Investoren am Kryptomarkt an letzter Stelle stehen. Denn die Plattform ist nur eins von unzähligen Digital-Assets-Projekten, die Anleger mit hohen Renditeversprechen locken, aber nicht über ausreichend solide Ge­schäftsmodelle verfügen, um diese auch einlösen zu können. Celsius hatte seine Nutzer mit der Aussicht auf feste Verzinsungen von bis zu 18% zum Verleih von Cyberdevisen bewegt – doch weil der Lending-Anbieter im Zuge der Krise am Kryptomarkt in Liquiditätsnöte geriet, haben seine Kunden seit Mitte Juni keinen Zugriff auf ihre Assets.

Dass das Unternehmen trotzdem weiter wöchentliche Zinserträge auf Nutzerkonten verbuchte und Verbindlichkeiten im Volumen von über 900 Mill. Dollar bei dezentralen Anwendungen wie MakerDAO beglich, hinterlässt einen faden Beigeschmack. Denn letztgenannte Plattformen werden von Com­puterprotokollen gesteuert – un­mittelbar von der Insolvenz betroffene Celsius-Kunden aus Fleisch und Blut gucken dagegen vorerst in die Röhre. Da der Lending-Anbieter in seinen Ge­schäftsbedingungen keine Ga­rantien für den Fall einer Insolvenz ausweist, könnten die Nutzer als ungesicherte Gläubiger behandelt werden.

Zudem hat Celsius den Insolvenzantrag nach Kapitel 11 des US-Codes gestellt. Dabei kann ein Unternehmen seine Geschäfte unter Gläubigerschutz fortführen und darf sogar neue Kredite aufnehmen, deren Rückzahlung gegenüber der Begleichung alter Schulden Vorrang hat. Wenn ein Management, das eine Zahlungsunfähigkeit durch mangelnde unternehmerische Weitsicht verschuldet hat, mit staatlicher Unterstützung außer Konkurrenz weiterwirtschaften darf, schädigt das die Integrität ganzer Branchen. Dies gilt insbesondere für das Digital-Assets-Segment, dessen Vertreter zu­letzt bereits viel Investorenvertrauen verspielt haben.

Aktuell zeigt sich zudem, wie eng die Geschicke der Unternehmen am kleinen und illiquiden Kryptomarkt miteinander verwoben sind. Der Kollaps des Stablecoin Terra USD war der erste Dominostein. Jetzt folgen weitere: Nicht nur Celsius und andere Lending-Plattformen sind in Not geraten, sondern auch der Hedgefonds Three Arrows Capital (3AC). An dessen Zusammenbruch reihte sich wiederum die Insolvenz des Kryptobrokers Voyager, der hohe Ansprüche an 3AC geltend macht.

Schieflagen weiterer Kryptoanbieter wäre wenig überraschend – die Interessen der Investoren dürften dann erneut hintanstehen.

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