Geldpolitik

Lagarde weist Dilemma für EZB zurück

Die dramatische Zuspitzung der Bankenkrise in der Schweiz ruft die Europäische Zentralbank und andere EU-Behörden auf den Plan. EZB-Chefin Christine Lagarde beschwichtigt im EU-Parlament.

Lagarde weist Dilemma für EZB zurück

rec/ms Brüssel/Frankfurt

EZB-Chefin Christine Lagarde hat Befürchtungen zurückgewiesen, die jüngsten Finanzmarktturbulenzen könnten die Notenbank in ihrem Inflationskampf in ein Dilemma stürzen. Es gebe „keinen Zielkonflikt zwischen Preisstabilität und Finanzstabilität“, sagte Lagarde bei einer turnusmäßigen Anhörung im EU-Parlament. Sie begrüße „das rasche Handeln und die Entscheidungen der Schweizer Behörden“, sagte Lagarde. Damit untermauerte sie ihre gleichlautende Stellungnahme von Sonntagabend in Reaktion auf die Bankenkrise in der Schweiz.

Die dramatische Zuspitzung über das Wochenende mit der Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS hat die zuständigen Institutionen in der EU auf den Plan gerufen. Die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB), die Bankenabwicklungsbehörde SRB und die Bankenaufsichtsbehörde EBA veröffentlichten ein gemeinsames Statement. Darin sind sie um Beruhigung bemüht: „Der europäische Bankensektor ist widerstandsfähig und weist eine robuste Kapital- und Liquiditätsausstattung auf.“

Lagarde zeigte sich bei ihrem Auftritt im Wirtschafts- und Währungsausschuss (Econ) des EU-Parlaments sehr zufrieden mit den Eigenkapitalpuffern von Banken in der Europäischen Union. Diese lägen im Durchschnitt oberhalb der einschlägigen Basel-III-Vorgaben. Sorgen vor möglichen Ansteckungsrisiken versuchte Lagarde zu zerstreuen. Ähnlich hatten sich vor der Rettungsaktion in der Schweiz führende Vertreter der EU-Kommission geäußert, nachdem in den USA mehrere Banken in Schieflage geraten waren.

Falls nötig, verfüge die EZB gleichwohl über die notwendigen Instrumente, für ausreichend Liquidität zu sorgen, sagte Lagarde. Dies stehe nicht im Widerspruch zum strafferen geldpolitischen Kurs im Kampf gegen die zu hohe Inflation. Lagarde lobte den Rettungseinsatz der Schweizer Behörden als „entscheidend für die Wiederherstellung geordneter Marktverhältnisse und die Gewährleistung der Finanzstabilität“.

„Banken sind solide“

Auch andere Euro-Notenbanker beschwichtigten. Die Banken seines Landes seien von den Problemen der Credit Suisse nicht betroffen, sagte Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau. „Um es noch einmal deutlich zu sagen: Die französischen Banken sind solide“, sagte das EZB-Ratsmitglied der Tageszeitung „Le Monde“. Sein italienischer Kollege Ignazio Visco wies Ansteckungsgefahren ebenfalls zurück.

Die EZB scheint bislang darauf zu setzen, dass die Bankenturbulenzen nicht in großem Umfang auf die Euro-Banken übergreifen und sich auch die globale Unruhe absehbar legt, statt dass sie sich zu einer Finanzkrise ausweitet. In dem Fall erwartet sie auch keine großen makroökonomischen Folgen. Deshalb fährt sie zweigleisig: Einerseits erhöht sie ihre Leitzinsen weiter, um die weiter viel zu hohe Inflation zu senken. Andererseits betont sie ihre Bereitschaft, im Fall der Fälle alle Instrumente einzusetzen, um für ausreichend Liquidität zu sorgen. Dabei dürfte es dann eher um neue Liquiditätshilfen gehen statt um neue Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE).

Entsprechend hatte bereits am Freitag eine Reihe Hardliner („Falken“) im EZB-Rat betont, dass die Leitzinsen weiter steigen würden, falls es beim Basisszenario bleibe (vgl. BZ vom 18. März). Ähnlich äußerte sich am Montag der lettische Notenbankchef Martins Kazaks. Der Preisdruck sei nach wie vor zu stark und rechtfertige weitere Zinsschritte – vorausgesetzt, dass sich die Marktturbulenzen nicht verschlimmerten und die europäische Wirtschaft zum Entgleisen brächten, sagte Kazaks zu Bloomberg. Er räumte aber ein, dass das Risiko zu hoher Zinsen zunehme.

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