Versicherer

Reform von Solvency II zieht sich hin

Die Überarbeitung der Aufsichtsregeln für die europäischen Versicherer kommt nur schleppend voran. Europa hat derzeit anderes zu tun. Die Assekuranz zeigt sich vergleichsweise stabil.

Reform von Solvency II zieht sich hin

ak Köln

 Die erste große Reform des europäischen Versicherer-Aufsichtsregimes Solvency II zieht sich hin. „Der genaue Einführungstermin ist noch unklar“, konstatierte Uwe Ludka, Ausschussvorsitzender des Fachausschusses Finanzregulierung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und im Hauptberuf Chef der Itzehoer Versicherungen, am Mittwoch bei einem Pressegespräch. In der Priorisierung sei das Thema nach hinten gerutscht. „Europa hat auch andere Themen zu lösen.“

Ursprünglich hatte die sogenannte Solvency II Review, die Überprüfung des 2016 eingeführten Regelwerks, bereits im Jahr 2020 weitgehend über die Bühne gehen sollen. Tatsächlich hatte die EU-Kommission im September 2021 einen Vorschlag für eine Änderung vorgelegt, im Juni vergangenen Jahres hatte der Europäische Rat die Pläne der Kommission weitgehend übernommen. Die Gespräche im Europa-Parlament dauern jedoch noch an. Nach dem Bericht der Abgeordneten würde die Reform im Trilog dann beschlossen. Ob das jedoch noch vor der Europawahl im Frühjahr kommenden Jahres passiert, ist noch immer nicht sicher.

Zinswende nimmt Druck

Die einstige Dringlichkeit hat mit der Zinswende abgenommen, das gibt auch der GDV zu. So sei die Berücksichtigung von Negativzinsen zwar weiterhin wünschenswert, hat aber im geänderten Zinsumfeld keine aktuelle Relevanz.

Auch die Solvenzquoten der deutschen Versicherer lassen auf abgeschwächten Handlungsbedarf schließen. Dank hoher Eigenkapitalquoten sieht sich die Branche gerade angesichts der aktuellen Schwankungen an den Finanzmärkten komfortabel aufgestellt. „Die deutschen Versicherer sind sehr stabil“, ließ sich GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen zitieren. „Unsere Berechnungen zeigen: Die Unternehmen verfügen über ausreichend Eigenmittel, um Finanzmarktschwankungen und hohe Inflation abzufedern.“

Das gilt insbesondere für die Lebensversicherer, deren Solvenzquoten in der langen Tiefzinsphase angesichts der hohen Garantieverpflichtungen aus der Vergangenheit zum Teil unter Druck geraten waren. Die Werte haben sich erholt. Der GDV geht davon aus, dass die Solvenzquote 2022 im Durchschnitt ohne Übergangsmaßnahmen zwischen 270 und 290% liegen könnte – und damit bis zu 10% höher als im Jahr zuvor.

Auch die Finanzaufsicht BaFin zeigt sich entspannter. Unter 100 % Solvenzquote ohne Übergangsmaßnahmen liegt nach früheren Angaben kein Lebensversicherer mehr. Noch vor zwei Jahren hatte die Aufsicht befürchtet, dass es einige Unternehmen bis zum Auslaufen der Übergangsfrist 2032 nicht schaffen könnten, die Solvenzanforderungen zu erfüllen. Jetzt hat die BaFin eher die Liquiditätslage im Blick und ein Auge auf deren Management, wie BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund im Herbst ausgeführt hatte.

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