Trotz des im ersten Quartal verbuchten höchsten Großschadenaufwands der vergangenen Dekade sowie der Bildung von pauschalen Rückstellungen über rund 150 Mill. Euro im Zusammenhang mit dem seit Februar andauernden Krieg Russlands in der Ukraine hat der drittgrößte deutsche Versicherungskonzern Talanx den seit Herbst vorigen Jahres geltenden Ausblick für das Geschäftsjahr 2022 bekräftigt. Der Mehrmarkenversicherer aus Hannover hob nach einem als „gut“ bezeichneten Start in das Geschäftsjahr anlässlich der Veröffentlichung seiner Quartalsmitteilung zum 31. März am Donnerstag seine robuste Verfassung hervor. Im laufenden Jahr rechnet der Konzern mit einem Beitragszuwachs im mittleren einstelligen Prozentbereich nach plus 11,8% im Vorjahr, mit einer Kapitalanlagerendite von 2,4 % nach zuvor 3,4% und mit einem Konzernergebnis zwischen 1,05 und 1,15 Mrd. Euro nach zuvor 1,01 Mrd. Euro.

„Wir halten einiges aus“, sagte Finanzvorstand Jan Wicke in einer Telefonkonferenz mit Medienvertretern. Neben der regulatorischen Solvenzquote, die auch zum 31. März 2022 oberhalb des eigenen Zielkorridors zwischen 150 und 200% erwartet werde, verwies er auf die bilanzielle Resilienz des Talanx-Konzerns. Die Differenz zwischen den Berechnungen eigener und externer Aktuare von Willis Towers Watson habe sich Ende 2021 verglichen mit dem Vorjahr um rund 300 Mill. auf über 3 Mrd. Euro erhöht. Bei einer höheren Inflation infolge der Zentralbankenpolitik und des Ukraine-Kriegs sei mit einer Verringerung der Resilienz zu rechnen. „Aber mit 3 Mrd. bilanziellem Puffer sind wir gut aufgestellt, mit solchen Dingen ordentlich umzugehen“, sagte Wicke.

Die zusätzlichen pauschalen Rückstellungen für mögliche Belastungen aus dem Krieg in der Ukraine entfallen mit einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag überwiegend auf die Hannover Rück, an der die Talanx mit 50,2% beteiligt ist. Dies sorgte dafür, dass sich die kombinierte Schaden-Kosten-Quote in der Schaden-Rückversicherung um 3 Prozentpunkte verschlechterte und im ersten Quartal mit 99,5 (i.V. 96,2)% den Zielwert der Hannover Rück von maximal 96% übertraf. Im Talanx-Konzern stieg die Combined Ratio auf 98,3 (96,1)% an. Schäden im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg hält der Konzern auch im Bereich der Industrieversicherung für möglich.

Die Belastung durch Großschäden überstieg im ersten Quartal mit insgesamt 458 (287) Mill. Euro das anteilige Großschadenbudget um 71 Mill. Euro oder 18%. Davon entfielen auf die Erstversicherung Großschäden von 121 (93) Mill. Euro, während die Rückversicherung Großschäden von 336 (193) Mill. Euro verbuchte. Größte Einzelschäden waren die Überflutungen in Australien im Februar und März mit 236 Mill. Euro, gefolgt von den Winterstürmen in Europa im Februar mit 164 Mill. Euro.

Vor diesem Hintergrund erscheine das im Vorjahresvergleich um 7,6% auf 256 Mill. Euro gesunkene Konzernergebnis im ersten Quartal „sehr solide“, meinte der Talanx-Finanzchef. Der Gewinn stammt zu 47% aus der Erst- und zu 53% aus der Rückversicherung. Mit 10% entspreche die Eigenkapitalverzinsung im ersten Quartal auch dem Gesamtjahresziel, fügte Wicke hinzu. Er hob das Wachstum der Beitragseinnahmen um 16,5 (währungskursbereinigt: 13,4)% auf 15,9 Mrd. Euro hervor. Alle Segmente hätten zu dem „sehr erfreulichen Wachstum“ beigetragen.

Nach einem Plus von bis zu 2,4% gab die Talanx-Aktie im weiteren Handelsverlauf am Donnerstag deutlich nach. Der Versicherer gehörte zu den größten Tagesverlierern im MDax.