Referenzzins

US-Ramschkredite hängen am Libor fest

Rund drei Viertel des billionenschweren Marktes für US-Junk-Loans sind noch an den Referenzzins Libor gekoppelt. Die Zeit für eine Umstellung auf den Nachfolgesatz SOFR wird knapp.

US-Ramschkredite hängen am Libor fest

xaw New York

Die Einstellung der London Interbank Offered Rate (Libor) rückt in großen Schritten näher – doch der Großteil der Ramschkredite in den Vereinigten Staaten ist noch an den Referenzzins gekoppelt. Nur 25% des insgesamt 1,4 Bill. Dollar schweren Marktes für US-Junk-Loans seien auf den Nachfolgesatz Secured Overnight Financing Rate (SOFR) umgestellt, berichtet die „Financial Times“ unter Berufung auf Branchenvertreter.

Damit bestehen in Bezug auf Kredite im Volumen von über 1 Bill. Dollar noch Konflikte zwischen Schuldnern und Gläubigern über die künftige Verzinsung. Denn die populärste Libor-Variante, der Drei-Monats-Dollar-Satz, fällt deutlich höher aus als die Nachfolgerate: Am Montag lag der alte Interbanken-Referenzzins bei über 5%, SOFR dagegen bei 4,55%. Bei Umstellungen fordern Gläubiger daher Ausgleichszahlungen, um Verluste zu vermeiden.

Über deren Höhe müssen sie sich derzeit mit Schuldnern von Kredit zu Kredit einzeln auseinandersetzen. Das Bankengremium, das für die Libor-Umstellung in den USA zuständig ist, hat für die Anpassungen zwar Vorschläge gemacht – es hält Zahlungen von 0,26% im Schnitt für akzeptabel. Diese Vorgabe ist für Marktteilnehmer aber nicht bindend.

Gerade Eigner von Collateralized Loan Obligations (CLOs), die eine Vielzahl von Krediten in Pools vereinigen, fordern höhere Kompensationen für den Wechsel auf SOFR. Dagegen wehren sich Anleiheemittenten mit geringer Bonität und ihre Geldgeber aus dem Private-Equity-Sektor, die Zinskosten so niedrig wie möglich halten wollen und auf Spreads von 0,1% pochen.

Allerdings ist es für viele Schuldner riskant, auf ihrer Position zu beharren. Denn einige Kreditvereinbarungen enthalten Bedingungen, die für den Fall, dass eine Einigung über die Umstellung von Referenz­raten scheitert, deutlich höhere Zinsen vorschreiben.

Hoher Refinanzierungsbedarf

Zudem ist die Nachfrage am CLO-Markt für viele Unternehmen entscheidend, um sich einen Zugang zu neuen Fremdfinanzierungen zu sichern. Die Gesellschaften hinter den forderungsbesicherten Wertpapieren befinden sich damit grundsätzlich in einer starken Verhandlungsposition – zumal der Refinanzierungsbedarf hoch ist. War der Markt für Hochrisikokredite in den Vorjahren noch massiv gewachsen, haben die Zinserhöhungen der Federal Reserve in Reaktion auf die hohe Inflation 2022 zu einer deutlich nachlassenden Emissionsaktivität im Segment geführt. Dies trägt ebenfalls dazu bei, dass SOFR gegenüber Libor noch ein deutliches Untergewicht im Junk-Loan-Markt aufweist.

Zwar hat die Umstellung zuletzt wohl an Fahrt gewonnen, dennoch gelten hektische Last-Minute-Verhandlungen zwischen Schuldnern und Gläubigern als wahrscheinlich. Die tägliche Libor-Publikation wird bereits am 30. Juni eingestellt, damit soll der entscheidende Schritt weg von der skandalumwobenen alten Benchmark gelingen. Diese bildete über Jahrzehnte den Standard für die Berechnung von Kreditzinsen.

Im Jahr 2012 wurde allerdings bekannt, dass die britische Großbank Barclays die Referenzrate jahrelang manipuliert hatte. Insgesamt waren weltweit wohl bis zu 20 Geldhäuser in die Manipulationen verstrickt: Sie gaben künstlich hohe oder niedrige Zinssätze an, um Libor so zu bewegen, dass ihre eigenen Trading-Aktivitäten davon profitierten. Die Folge war ein erodiertes Vertrauen in den Referenzsatz – und die noch immer von beträchtlichen Komplikationen begleitete SOFR-Einführung.