Fintech-IPO

Wise setzt auf Direktnotierung in London

Das Fintech-Unternehmen Wise strebt per Direktnotierung an die London Stock Exchange. Eine duale Aktienstruktur soll Gründern und bisherigen Investoren fünf Jahre lang die Kontrolle sichern.

Wise setzt auf Direktnotierung in London

hip London

Das auf den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr spezialisierte Fintech-Unternehmen Wise hat den Startschuss für das lang erwartete Initial Public Offering (IPO) abgegeben. Der Börsengang soll „auf transparente und faire Weise“ durch eine Direktnotierung an der London Stock Exchange erfolgen, kündigte der CEO und Mitgründer Kristo Käärmann in einer Telefonkonferenz mit Journalisten an. „Jeder hat die gleiche Chance, einen Teil von Wise zu erwerben“, sagte er. „Das ermöglicht dem offenen Markt, auf transparente Weise den Preis festzulegen.“

Das 2010 gegründete Unternehmen arbeitet seit 2017 profitabel und will bei seinem Börsengang kein frisches Kapital am Finanzmarkt einsammeln. Für eine Direktnotierung müssen weder neue Aktien ausgegeben werden, noch bedarf es eines Underwriters. Wenn Papiere am Eröffnungstag gehandelt werden, sind es Stücke von bestehenden Anteilseignern wie Investoren, Mitarbeitern oder ehemaligen Mitarbeitern. Ein extra aufgelegtes Programm namens Own Wise soll Kunden dazu animieren, Aktien zu erwerben. Ihnen winken Treue­aktien im Wert von bis zu 100 Pfund, wenn sie ihre in einem bestimmten Zeitraum erworbenen Stücke für zwölf Monate halten.

Das IPO sei „eine fantastische Gelegenheit, unser Team, unsere Kunden und unsere Anteilseigner miteinander in Übereinstimmung zu bringen“, sagte Käärmann. Zur möglichen Bewertung der Gesellschaft wollte er sich ebenso wenig äußern wie Finanzchef Matthew Briers. Einer der Gründe, aus denen man sich für eine Direktnotierung entschieden habe, sei gewesen, solche Spekulationen zu vermeiden. In der City kursieren Schätzungen, die dem zuvor unter dem Namen Transferwise bekannten Unternehmen bis zu 9 Mrd. Pfund zutrauen.

Fünf Jahre „Übergangsfrist“

Die duale Aktienstruktur, die Gründern und frühen Investoren wie Richard Branson durch B-Aktien für bestimmte Zeit die Kontrolle über die Gesellschaft sichern soll, könnte das Interesse der Anleger dämpfen. Käärmann hält die dadurch gesicherte „Übergangsfrist“ von fünf Jahren für erforderlich, um die „langfristige Mission“ des Unternehmens weiterführen zu können. Werden die B-Aktien von ihren Besitzern veräußert, verlieren sie die zusätzlichen Stimmrechte. Der Bringdienst Deliveroo machte bei seinem IPO in London keine guten Erfahrungen mit einer dualen Aktienstruktur. Die Anleger werden zunehmend wählerisch: Der Online-Modehändler Made.com fiel zuletzt ebenso durch wie der Chipdesigner Alphawave IP. Wise will „in den kommenden Wochen“ an die Börse, so Käärmann. Einen genauen Termin dafür habe man noch nicht. Auf Bankenseite sind Goldman Sachs, Morgan Stanley und Barclays federführend. Citigroup fungiert als Co-Adviser. London habe man gewählt, weil es sich um einen globalen Markt handelt, an dem Investoren aus aller Welt tätig sind, hieß es in der Telefonkonferenz. Man verstehe die Regulierung, und es sei für das in der britischen Metropole ansässige Unternehmen, das seit einem Jahrzehnt ein fester Bestandteil der örtlichen Fintech-Szene ist, auch praktisch.

Wise legte zugleich Zahlen für das Ende März abgelaufene Geschäftsjahr vor. Demnach stieg der Umsatz auf 421 (i.V. 303) Mill. Pfund. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) verbesserte sich auf 109 (68) Mill. Pfund. Der Free Cash-flow wurde mit 104 (51) Mill. Pfund angegeben. Die Zahl der Kunden stieg auf 6,0 (4,7) Millionen. Alles in allem bewegte Wise 54 (42) Mill. Pfund über Landesgrenzen hinweg. Banken und andere Anbieter nehmen aber immer noch 97,5 % aller grenzüberschreitenden Zahlungen vor.

Das Management erwartet, dass der Umsatz mittelfristig im Schnitt um mehr als ein Fünftel wachsen wird. Die bereinigte Ebitda-Marge soll mittelfristig über 20 % liegen. Zuletzt hatte sie sich auf 25,8 (22,5) % belaufen. Die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie seien allerdings schwer vorherzusehen, hieß es einschränkend.