Notenbanken

Spiel­verderber Fed und EZB stecken im Dilemma

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte für die enorme Bedeutung, die die Geldpolitik im Jahr 2022 innehatte, dann gab es diesen Mitte Dezember. Da lösten die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) weltweit zeitweise ein Börsenbeben aus.

Spiel­verderber Fed und EZB stecken im Dilemma

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Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte für die enorme Bedeutung, die die Geldpolitik im Jahr 2022 innehatte, dann gab es diesen Mitte Dezember. Da lösten die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) weltweit zeitweise ein Börsenbeben aus. Der Grund: Fed und EZB enttäuschten binnen weniger als 24 Stunden die Hoffnungen vieler Investoren, dass Signale für ein Überschreiten des Inflationshöhepunkts im Westen zu einer wenig aggressiven Geldpolitik führen könnten. Sie drosselten zwar das Zinserhöhungstempo etwas. Sie signalisierten aber zugleich mehr Zinserhöhungen als zuvor und länger hohe Leitzinsen.

Auch im Jahr 2023 dürften die Worte und Taten von Fed-Chef Jerome Powell und EZB-Präsidentin Christine Lagarde sowie den Ihren das Geschehen an den Finanzmärkten dominieren und wesentlich über Wohl und Wehe der Weltwirtschaft entscheiden. Dabei stecken sie in einem gewissen Dilemma: Die Inflation liegt weiter klar oberhalb der 2-Prozent-Ziele von Fed und EZB – auch wenn sie zuletzt unerwartet deutlich nachgab, vor allem in den USA, und für 2023 verbreitet ein beträchtlicher Rückgang vorhergesagt wird. Zugleich nimmt aber die Gefahr einer wirtschaftlichen Rezession zu, auch infolge der bereits erfolgten drastischen geldpolitischen Straffung. In den USA agiert die Fed derzeit so aggressiv wie seit den 1980er Jahren nicht mehr und die EZB erhöht ihre Leitzinsen aktuell sogar in einem Tempo wie nie seit der Euro-Einführung 1999.

Im neuen Jahr droht nun sogar ein Clash zwischen den Notenbanken und den Marktakteuren. Viele Marktteilnehmer setzen auf einen schnelleren Inflationsrückgang als Fed & Co. und deswegen auf weniger stark steigende Zinsen oder sogar schon erste Zinssenkungen im Jahresverlauf. Das führt zu lockereren Finanzierungskonditionen, die die geldpolitische Straffung konterkarieren. Die Notenbanken betonen dagegen ihre Entschlossenheit und warnen die Märkte davor, diese zu unterschätzen. Die EZB könnte dabei sogar noch länger an Zinserhöhungen festhalten als die Fed, weil sie aber auch später losgelegt hat. Dafür dürfte der Peak im Zinszyklus im Euroraum unterhalb von jenem in den USA bleiben.

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