Andy Gboka

„Afrikas Märkte reagieren verzögert auf globale Faktoren“

Bellevue Asset Management sieht trotz kurzfristiger konjunktureller Rückschläge Anlagechancen in Afrika. Länder wie Marokko, Kenia oder Ägypten verfügten über wachstumsstarke Branchen.

„Afrikas Märkte reagieren verzögert auf globale Faktoren“

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Laut der Schweizer Finanzboutique Bellevue Asset Management führt das Ende der globalen geldpolitischen Expansion zu kompetitiveren Bewertungen für afrikanische Aktien. Während die Zentralbanken der Industriestaaten die Märkte nach Ausbruch der Coronakrise mit Liquidität geflutet hätten, seien solche Anreize für afrikanische Länder nicht im selben Umfang stemmbar gewesen. Im Zuge der Straffung durch die Federal Reserve gingen die Opportunitätskosten für das Halten afrikanischer Aktien nun aber zurück.

Im Fokus stünden an den Börsen des Kontinents nun konjunkturelle Entwicklungen. „Die afrikanischen Aktienmärkte reagieren in der Regel verzögert auf globale Faktoren, werden aber im Zusammenhang mit einer globalen Rezession kurzfristige Verluste erleiden“, sagt Andy Gboka, Portfoliomanager des Fonds African Opportunities bei Bellevue Asset Management, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Reformen seien nun der Schlüssel, um die negativen Auswirkungen globaler Entwicklungen abzufedern. „Länder, die ausreichend Puffer aufgebaut haben, um externe Schocks abzufedern, oder die bei den Strukturreformen am weitesten fortgeschritten sind, dürften ihre kurzfristigen Verluste aufholen“, führt Gboka aus.

Aus Anlegersicht seien mehrere Einzelländermärkte interessant. „Der marokkanische Aktienmarkt er­scheint auf den ersten Blick teuer, profitiert aber von einer niedrigen Inflation und dem sich verstärkenden Effekt konsequenter Reformen“, sagt Gboka. Dies reflektierten auch die Wachstumsaussichten in Branchen wie dem Hafenbetrieb oder dem Einzelhandel. Kenia sei für Investoren indes aufgrund seiner diversifizierten Wirtschaft attraktiv, die sich über den Hafen Mombasa als Handelszentrum für Exporte und Reexporte in die im Inneren des Kontinents gelegenen Länder etabliert habe.

Privatisierung in Ägypten

Die ägyptische Wirtschaft dagegen leidet infolge des Ukraine-Kriegs unter explodierenden Preisen, einem Mangel an Getreide, hohen Schulden und massiver Kapitalflucht. Der Krise stellt sich die Regierung mit der Privatisierung einer Reihe an Staatsbetrieben entgegen, infolge derer in den kommenden vier Jahren jeweils 10 Mrd. Dollar in die Staatskassen fließen sollen. Kritiker sehen darin lediglich eine kurzfristige Lösung, die über den Mangel an grundlegenden Reformen hinwegtäusche.

Gboka registriert in einigen Branchen aber durchaus Potenzial. „In Ägypten haben wir festgestellt, dass Krankenhaus- und Laborkonzerne ihr Geschäft durch organisches Wachstum, aber auch durch die Übernahme kleinerer Unternehmen in hohem Tempo ausbauen“, betont der Portfoliomanager. Die Unternehmen legten hohe Praxisstandards fest, mit deren Hilfe sie Franchisesysteme aufbauen könnten.

Auch andere Sektoren in Afrika, darunter Bildung und Infrastruktur, böten attraktive Möglichkeiten. be­sonders stark seien die Wachstumsaussichten im Finanzwesen, da ein bedeutender Teil der Bevölkerung sowie der kleinen und mittelgroßen Unternehmen noch nicht über eine Bankverbindung verfüge. „Wir sind in die führenden Banken in Kenia und Ägypten investiert, die regel­mäßig Aktienrenditen von über 20% erzielen, hohe Dividendenrenditen abwerfen und ein zweistelliges Ertragswachstum verzeichnen“, unterstreicht Gboka. So habe die Commercial International Bank als größte ägyptische Privatbank seit 2011 in Dollar gerechnet ein jährliches Gewinnwachstum von 13% erzielt – und dies trotz des arabischen Frühlings, der Konterrevolution im Jahr 2013, der starken Abwertung des ägyptischen Pfund, einer Phase hoher Inflation und der Coronakrise.

Mobiles Banking im Fokus

Für die Zukunft sei das mobile Banking entscheidendes Mittel, um die Entwicklung von Finanzdienstleistungen zu beschleunigen. „Das mobile Banking reduziert nicht nur den Zeit- und Kostenaufwand für Banktransaktionen, sondern erleichtert auch die Steuererhebung und trägt zur Bekämpfung der Korruption bei“, sagt Gboka. Folglich hätten Telekomanbieter wie die südafrikanische MTN und Safaricom in Kenia massiv in die Entwicklung ihrer mobilen Banktechnologie investiert.

Um die Potenziale auf dem Kontinent auszuschöpfen, sei eine aber verstärkte Zusammenarbeit zwischen Afrika und Europa nötig. „Vor allem Nordafrika hat einen Industrialisierungsgrad erreicht, der die Region attraktiv genug macht, um in die europäische Wertschöpfungskette integriert zu werden“, sagt Gboka. Eine verstärkte Kooperation und ein schnelleres Wachstum in Afrika erforderten mehr Investitionen aus dem privaten Sektor, was zusätzliche Anlagechancen eröffne.

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