Green und Sustainable Finance

Asien bei Green Finance vorne

Der Boom bei Green und Sustainable Finance hat sich in den ersten drei Monaten dieses Jahres fortgesetzt. Asiatische Länder liegen bei den Begebungen entsprechender nachhaltiger Schuldtitel vorn.

Asien bei Green Finance vorne

kjo Frankfurt

Während strikt umweltbezogene Finanzierungen, das sogenannte Green Financing, im ersten Quartal 2022 gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 5% auf 107,98 Mrd. Euro abgenommen haben, sind in deutlich stärkerem Umfang Transaktionen arrangiert worden, deren Mittel nicht direkt für nachhaltige Zwecke verwendet werden, sondern bei denen die Konditionen an das Erreichen von wenigen Nachhaltigkeitskennziffern wie zum Beispiel CO2-Emissionen, Frauenquoten oder Unfallzahlen von Mitarbeitern gekoppelt sind. Dies ist das sogenannte Sustainability-Linked Financing. Das geht aus einer Studie von Capmarcon hervor, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Capmarcon ist eine auf Unternehmensfinanzierungen spezialisierte Beratungsgesellschaft; sie entwickelt Strategien zur Kapitalbeschaffung und Bilanzstrukturoptimierung und unterstützt und begleitet Klienten in einer Vielzahl von Finanzierungssituationen.

Der Nachhaltigkeitscharakter dieser Linked-Finanzierungen sei in der Regel weniger stark ausgeprägt als beim ursprünglichen Green Financing. Linked-Finanzierungen hätten sich im ersten Quartal 2022 gegenüber der Vorjahresperiode mehr als verdreifacht von 13,26 auf 43,02 Mrd. Euro. Gleichzeitig seien Finanzierungen für soziale Zwecke drastisch rückläufig gewesen von 61,94 Mrd. Euro im ersten Quartal 2021 auf 27,63 Mrd. Euro im ersten Quartal 2022.

Die Attraktivität des Sustainability-Linked Financing liege zunächst darin, dass die zu erbringenden Nachhaltigkeitsleistungen meist ohne großen finanziellen Aufwand darzustellen seien oder die entsprechenden Investitionen aus betriebswirtschaftlichen Gründen ohnehin vorgenommen worden wären. Im letzteren Falle erübrige sich dann eine aufwendige Dokumentation über die Verwendung der aufgenommenen Mittel; die Darstellung der erreichten Kennziffer reiche aus. „Der Trend sollte im Jahresverlauf 2022 anhalten, weil grüne Projekte immer schwerer realisierbar sind“, meinen die Experten

Das arrangierte Volumen nachhaltiger Finanzierungen sei im ersten Quartal 2022 gegenüber der Vorjahresperiode rückläufig gewesen, und zwar um 14% auf 203,58 Mrd. Euro. Wesentliche Gründe hierfür waren ein Einbruch des Green Financing in den USA (minus 23,62 Mrd. Euro auf nur noch 10,55 Mrd. Euro) und die bisherige Zurückhaltung seitens der Kommission der Europäischen Union (minus 31,33 Mrd. Euro auf 4,67 Mrd. Euro), die erst Anfang April dieses Jahres die erste Anleihe in nennenswertem Umfang begeben habe.

Immobilienfirmen aktiv

Gleichzeitig habe aber das Emissionsgeschäft in Asien und hier insbesondere in China drastisch zugenommen. Asiatische Adressen platzierten laut Capmarcon im ersten Quartal 2022 rund 59,43 Mrd. Euro an nachhaltigen Finanzierungen bei Investoren, ein Plus gegenüber der Vorjahresperiode von etwa 40%. Noch stärker sei der relative Anstieg in China gewesen: Hier habe der Zuwachs an Green Financing rund 90% auf 43,85 Mrd. Euro betragen. „Vor allem Immobilienunternehmen und auch die Industrie begaben nachhaltige Anleihen und nahmen syndizierte Kredite auf. Auch in anderen asiatischen Staaten wie Japan war dieser Trend festzustellen, wenngleich nicht in so ausgeprägtem Maße wie in China. Dadurch avancierten chinesische Adressen zum größten Green Finance-Emittenten vor Frankreich und Deutschland“, heißt es in der Studie weiter.

Das Emissionsgeschäft verlief im ersten Vierteljahr sehr gleichmäßig ohne größere Schwankung von Monat zu Monat. Dank des asiatischen Engagements sei das gesamte ausstehende Volumen an nachhaltigen Finanzierungen im Februar 2022 erstmals über die Schwelle von 2 Bill. Euro gestiegen.

Euro und Dollar hätten als Denominationswährung im ersten Quartal 2022 an Bedeutung verloren, was fast ausschließlich am Rückgang der arrangierten Transaktionen in den jeweiligen Heimatmärkten gelegen habe. Auf den Euro entfiel im ersten Quartal 2021 noch ein Anteil von etwa 61% des Volumens, jetzt sind es noch gut 45%. Auf den Dollar entfielen knapp 26%. Gleichzeitig legten andere Währungen teils deutlich zu, insbesondere der Renminbi, dessen Anteil von 2,4% im ersten Quartal vergangenen Jahres auf 13,4% im ersten Vierteljahr 2022 stieg. Andere wichtige Emissionswährungen einschließlich des britischen Pfund legten ebenfalls zu.

Die Emission von Begebungen staatlicher Adressen einschließlich Entwicklungsbanken habe sich im Berichtsquartal gegenüber Vorjahr mehr als halbiert. Dies sei auf die stark eingeschränkten Aktivitäten in Europa und den USA zurückzuführen. Alle anderen Sektoren hätten hingegen ihre Aufnahme nachhaltiger Mittel teils deutlich ausgeweitet. Absolut und relativ am stärksten sei dieser Zuwachs in der Immobilienbranche gewesen, hier sei mitunter eine Vervierfachung des Green Financing festzustellen. Ebenfalls starke Zuwächse habe es in den Sektoren Banken/Finanzdienstleistungen und der Ver-/Entsorgungswirtschaft, hier vor allem in der Energiewirtschaft gegeben. Wenige Veränderungen habe es bei Logistikunternehmen gegeben –  sogar eine leicht geringere Inanspruchnahme von Green Finance bei Dienstleistungsunternehmen (außer der Wohnungs- und Gewerbeimmobilienwirtschaft).

Europa fällt etwas zurück

„Europa verzeichnete in den drei ersten Monaten dieses Jahres einen Rückgang der aufgelegten nachhaltigen Finanzierungen von 24% gegenüber dem Vorjahr. Dies lag im Wesentlichen an deutlich verringerten Emissionen der Nationalstaaten und der EU-Kommission. Zwar waren Unternehmen aus mehreren Wirtschaftssektoren verstärkt aktiv, doch reichte dieses Plus nicht aus, die geringeren staatlichen Begebungen auch nur annähernd zu kompensieren“, so die Experten. Dabei sei die Emissionsdynamik im ersten Quartal sogar erlahmt, im März sei sogar nochmals signifikant weniger arrangiert worden als in den beiden Vormonaten.

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