Anleihemärkte

Bund­renditen fallen deutlich

Die Renditen der Bundesanleihen fallen deutlicher zurück. Inflations- und damit Zinshoffnungen sind der Grund. Die Rezession ist eingepreist. Pimco-Experten sehen derzeit wieder Wert in den Schuldtiteln.

Bund­renditen fallen deutlich

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Die Renditen der Bundesanleihen befinden sich derzeit im Rückwärtsgang. Die zehnjährige Bundrendite hat erstmals seit Mitte Dezember vergangenen Jahres wieder die Marke von 2% unterschritten. Mit 2,57% hatte sie zuvor noch den höchsten Stand seit Juli 2011 markiert. Am Donnerstag lag die zehnjährige Rendite im Verlauf bei um die 2,08% und damit nur wenige Basispunkte über der 2-Prozent-Marke.

Zinskurve invertiert

Auch am langen Laufzeitenende, d.h. den 30-jährigen Bundestiteln, sind die Renditen auf dem Rückmarsch, d.h. die Kursnotierungen ziehen deutlich an. Die Renditestrukturkurve der Bundeswertpapiere ist nach wie vor komplett invertiert, d.h. über den Laufzeitenbereich von zwei bis 30 Jahren, und signalisiert damit, dass sich die Marktteilnehmer auf eine aufziehende Rezession in der Eurozone einstellen. „In den aufwärtsweisenden Rentenmarktkursen spiegeln sich zu großen Teilen Leitzinshoffnungen. Die Notierungen der Festverzinslichen drücken die Erwartung aus, die Geldpolitik werde in den kommenden Monaten die Leitzinsen weniger agil nach oben treiben als bislang gedacht. Für die Zeit Richtung Ende des laufenden Jahres keimt sogar die Erwartung sinkender Leitzinsen“, heißt es bei den Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Springender Punkt: EZB, Fed & Co. müssten in ihrer jeweiligen Geldpolitik, nach vorne geblickt, wenig auf das derzeit hohe absolute Niveau der Inflation achten, so die LBBW. Vielmehr würden die geldpolitisch Verantwortlichen dem derzeit abnehmenden Trend der Inflation großen Tribut zollen.

„Bei Licht besehen ist zu konstatieren: Die Inflation ist nicht weg. Im Gegenteil: Aktuell verliert ein Geldschein weiterhin sehr viel schneller an Wert, als sich die Geldpolitik dies wünscht, im Euroraum, im Vereinigten Königreich, in den Vereinigten Staaten. Die Inflationsraten bewegen sich weit oberhalb der ‚Wohlfühlzone‘ von EZB, Fed & Co.“ Um von Inflationsraten um 6% auf Niveaus um die 2% zu kommen, dauere es nach aller Erfahrung erheblich länger als für den Weg von 10% auf 6%. „Ob doch Leitzinssenkungen, wie in vielen Wertpapierkursen berücksichtigt, mittelfristig anstehen, werden die weiteren Daten weisen.“

Rezession ist wahrscheinlich

Der Anleiheriese Pimco vertritt die Ansicht, dass Anleihen derzeit attraktive Renditen und defensive Qualitäten bieten. Eine Rezession wird auch bei Pimco als wahrscheinlich eingestuft. „Eine Rezession könnte zwar eine weitere Herausforderung für risikoreichere Anlagen wie Aktien darstellen, aber wir sehen weiterhin gute Argumente für Investitionen in Anleihen, nachdem die Renditen 2022 wieder gestiegen sind und ein wirtschaftlicher Abschwung im Jahr 2023 wahrscheinlich ist“, sagen Tiffany Wilding, Volkswirtin, und Andrew Balls, globaler Chief Investment Officer für Anleihen bei Pimco. Sie sehen in Anleihen das Potenzial für attraktive Renditen und eine Absicherung gegen Abwärtsrisiken. „Die im Jahr 2022 vollzogene Neubewertung am vorderen Ende der Renditekurve hat die Attraktivität von Anleihen mit kurzer Laufzeit erhöht“, so ihre Einschätzung.

„Wir konzentrieren uns auf Anleihesegmente hoher Qualität, deren Renditen derzeit so attraktiv sind wie seit vielen Jahren nicht mehr, und versuchen die Portfolios widerstandsfähig zu gestalten. Wir positionieren uns neutral gegenüber dem Zinsrisiko und erwarten eine Renditespanne von etwa 3,25% bis 4,25% für zehnjährige US-Staatsanleihen, was allgemeiner ausgedrückt bedeutet, dass wir keine großen Änderungen an der aktuellen Positionierung erwarten und uns stattdessen darauf konzentrieren, asymmetrische Trades über die Bandbreite plausibler Szenarien hinweg zu identifizieren, um die aktuelle Positionierung zu ergänzen“, so die beiden Experten. Ein Bereich seien inflationsgeschützte US-Staatsanleihen (TIPS).

Bankanleihen im Blick

Bankanleihen sind für Richard Woolnough, Fondsmanager bei M&G, derzeit eine Überlegung wert. Momentan würden die Papiere trotz guter Fundamentaldaten der Branche und einem Umfeld, das auf steigende Renditen hoffen lässt, mit Abschlägen und Neuemissionsprämien gehandelt. Jetzt könnte seiner Meinung nach also möglicherweise für Anleger der geeignete Zeitpunkt zum Einstieg sein: „Der Bankensektor hat Anlass, die Zukunft positiv zu betrachten. Die gegenwärtigen höheren Zinssätze sollten sich positiv auf das Bankwesen auswirken. Mit Zunahme der Spanne zwischen Kredit- und Einlagenzinsen vergrößern sich auch die Gewinne der Kreditinstitute“, sagt er. Positiv könnte sich auf Bankanleihen auswirken, dass sie nicht von der quantitativen Straffung der Geldpolitik betroffen sein dürften. „Im Rahmen ihrer Programme zur quantitativen Lockerung kauften die Zentralbanken große Mengen an Unternehmensanleihen, insbesondere in Europa. Mit Aufgabe der Politik des QE versuchen die Zentralbanken, ihre Finanzanlagen wieder auf dem Markt zu veräußern, um ihre Bilanzen zu verkürzen. Durch QT könnten diese Anleihen unter Verkaufsdruck geraten. Bankanleihen waren jedoch nicht in den QE-Programmen enthalten und dürften daher von QT-Maßnahmen nicht direkt betroffen sein“, so Woolnough.

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