Unternehmensanleihen

Corporates 2023 mit positiver Performance

Der Ausblick für Unternehmensanleihen für das kommende Jahr ist konstruktiv. Ausschlaggebend sind die hohen Renditen beziehungsweise Kupons Sie bieten einen attraktiven Puffer gegen Kursschwankungen.

Corporates 2023 mit positiver Performance

Von Michael Klawitter *)

Ähnlich wie Aktien verzeichneten auch Euro-Unternehmensanleihen seit Mitte Oktober eine spektakuläre Performance. Angeführt von den liquiden iTraxx Indizes (CDS-Indizes) konnten sich auch die Spreads von Unternehmensanleihen im Kassamarkt kräftig einengen, wobei High-Yield-Anleihen gegenüber Anleihen mit Investment-Grade-Rating deutlich outperformten. So verzeichneten High-Yield-Anleihen seit Anfang Oktober eine Performance von 5,7% verglichen mit 2,6% für einen Index aus Euro-Anleihen mit Investment-Grade-Rating. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren drei Faktoren: Der sich verbessernde konjunkturelle Ausblick für die Eurozone, die einseitige Positionierung wichtiger Investoren und die Erwartungen auf eine Abflachung des globalen geldpolitischen Straffungszyklus.

Wirtschaftliche Besserung

Die Wirtschaftsdaten aus der Eurozone übertrafen während der vergangenen Wochen im Durchschnitt die recht pessimistischen Analystenprognosen. Zwar wird im kommenden Jahr für Deutschland weiterhin eine Rezession erwartet, doch dürfte diese deutlich flacher ausfallen, als noch im Herbst befürchtet. Nachdem die Wachstumsprognosen für das kommende Jahr während der zurückliegenden Quartale stetig nach unten revidiert wurden, scheint der Tiefpunkt inzwischen durchschritten und Prognoserevisionen weisen wieder nach oben. Vor allem, dass die Sorge vor Gasrationierungen angesichts der hohen Füllstände der Gaslager rückläufig ist, während gleichzeitig staatliche Unterstützungsprogramme Unternehmen und privaten Haushalten Planungssicherheit bieten, unterstützt die Konjunktur. Eine Welle der Herabstufungen bei den Kreditratings von Unternehmensanleihen erscheint damit nun deutlich unwahrscheinlicher als noch vor drei Monaten.

Von dieser geänderten Einschätzung profitieren vor allem Unternehmensanleihen im „BBB“/„BB“-Segment, da hier die Spreadkurven besonders steil sind und Ratingherabstufungen starke Auswirkungen hätten. Institutionelle Anleger, die seit dem Kriegsausbruch im Februar den Fokus bei europäischen Unternehmensanleihen verstärkt auf hohe Ratings („A−“ und besser) gelegt hatten beziehungsweise die Kreditrisiken über CDS-Kontrakte absicherten, drehten ihre risikoaverse Positionierung wieder etwas zurück. Die Spreadkurven verflachten sich entsprechend und Anleihen mit einem schlechteren Kreditrating performten besser.

Zinszyklus geht auf Ende zu

Zusätzliche Unterstützung er­hielten Unternehmensanleihen von den Zentralbanken, bei denen sich die Hinweise mehren, dass der Punkt der „Peak-Hawkishness“ bei der geldpolitischen Straffung überschritten ist. Angesichts der weiterhin sehr hohen Inflationsraten werden zwar die Zinsen in der Eurozone mindestens bis ins späte Frühjahr ansteigen, doch wird das Tempo der Zinsanstiege im kommenden Jahr nach dem massiven „Frontloading“ der vergangenen Monate deutlich reduziert werden. Das Ende des Zinszyklus scheint allmählich in Sicht zu kommen und entsprechend ist die Zinsvolatilität in den zurückliegenden Wochen über die verschiedenen Laufzeiten hinweg schon deutlich gefallen. Zinsvolatilität und Spreads sind dabei deutlich positiv korreliert, da die Bewertung von Positionen nicht absolut, sondern risikoadjustiert vorgenommen wird. Bei fallender Zinsvolatilität steigt damit bei gleichem absoluten Spread die Attraktivität der Anlage und damit die Nachfrage der Investoren. Die sich für das erste Quartal 2023 abzeichnende Reduzierung der Reinvestitionen der Fälligkeiten im APP-Portfolio der Europäischen Zentralbank sollte den konstruktiven Ausblick für Unternehmensanleihen nicht eintrüben.

Angesichts der weiterhin vielfältigen konjunkturellen und geld­politischen Unsicherheiten ist es unwahrscheinlich, dass sich die starke Spreadeinengung und die Kursgewinne der vergangenen Wochen bei Unternehmensanleihen weiter fortsetzen werden. Doch auch ohne diese Dynamik ist der Ausblick für Unternehmensanleihen für 2023 konstruktiv. Ausschlaggebend sind die hohen Renditen beziehungsweise Kupons. Bei Unternehmensanleihen mit einem „BBB“-Rating (fünf Jahre Laufzeit) liegen die aktuellen Kupons um 3,8%. Dies im Vergleich zu den Niveaus der vergangenen zehn Jahren sehr viel (Durchschnitt 1,5%) und bietet einen attraktiven Puffer gegen Kursschwankungen. Historisch ist der Zusammenhang zwischen der Rendite beziehungsweise den Kupons am Jahresanfang und der sich anschließenden Jahresperformance deutlich positiv. Vor allem gilt, dass bei anfänglichen Kupons von mehr als 2% eine negative Gesamtperformance im Folgejahr unwahrscheinlich ist. Zu einer Wiederholung eines deutlichen Kursverfalls bei Unternehmensanleihen wie in diesem Jahr sollte es 2023 damit nicht kommen. Dabei gilt es auf Anleihen mit aktuellen Kupons zu setzen und nicht auf „alte“ Emissionen mit niedrigen Kupons unter 1%. Damit die Diskrepanz zwischen Kupon (Puffer) und möglichen Kursschwankungen nicht zu groß wird, gilt es sich bei den Investitionen zudem auf den kurzen und mittleren Laufzeitbereich zu begrenzen.

Ein weiteres unterstützendes Argument für Euro-Unternehmensanleihen sollte die Neuemissionstätigkeit sein. Aktuell liegen die Kupons der fällig werdenden Anleihen deutlich unter denen der Neuemissionen. Bei einer Prolongation der Fremdfinanzierung steigen damit zum ersten Mal seit 2012/2013 die Finanzierungskosten. Im Umfeld der weiterhin hohen Liquidität bei Unternehmen sollte dies Nettoneuemissionen dämpfen und bietet damit die Chance, dass sich Bilanzkennzahlen verbessern.

Bankanleihen mit Potenzial

Bankanleihen sind 2023 ebenfalls attraktiv und ähnlich wie bei klassischen Unternehmensanleihen sollte der Fokus auf „BBB“-gerateten Anleihen und damit vor allem auf Senior Non-Preferred Bonds liegen. Diese werden zwar im Fall einer Abwicklung der Bank zur Begleichung der Ansprüche vorrangiger Gläubiger herangezogen, doch erscheint das Risiko eines solchen Szenarios angesichts des sich auf-hellenden Konjunkturausblicks so-wie der soliden Eigenkapitalquoten europäischer Banken überschau-bar. Die deutliche Ausweitung des Spreads von Senior Non-Preferred-Anleihen gegenüber Senior Preferred-Anleihen seit Anfang des Jahres sollte sich damit strukturell kaum mehr ausweiten. Angesichts stark steigender Hypothekenzinsen geht zwar die Sorge vor Preisrückgängen bei Immobilien um, doch sollte diese Diskussion nicht überbewertet werden. Im Umfeld der gesamtwirtschaftlichen Preissteigerung und höherer Lohnabschlüsse dürfte sich die Über­bewertung der Immobilienpreise auch ohne Preisrückgänge „herauswachsen“. Die nachlassende Neubautätigkeit dürfte ebenfalls helfen. Ähnlich wie bei herkömmlichen Unternehmensanleihen sollte es sich damit auch bei Bankanleihen auszahlen, etwas stärker ins Risiko in Richtung Senior Non-Preferred Anleihen zu gehen.

*) Michael Klawitter ist im Floor Research der DekaBank tätig.