Bitcoin als Basiswert

ETNs entschlüsseln das Krypto-Investment

Derivative Produkte auf Kryptowährungen erfahren zuletzt gewaltigen Zulauf. Neben Zertifikaten und Differenzkontrakten wecken dabei insbesondere Exchange Traded Notes das Interesse der Investoren.

ETNs entschlüsseln das Krypto-Investment

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Die Rekordfahrt am Kryptomarkt verschafft derivativen Produkten auf Cyberdevisen kräftigen Zulauf. Futures- und Differenzkontrakte gelten inzwischen als beliebter Weg, am Kryptomarkt teilzunehmen. In Europa ist derzeit zudem die Exchange-Traded Note (ETN) auf dem Vormarsch, wie die Entwicklung der Van Eck Vectors Bitcoin ETN seit ihrer Auflegung im November 2020 zeigt. Das darin verwaltete Vermögen ist Stand Ende Februar auf fast 120 Mill. Euro gestiegen. Wie die bereits im Juni aufgelegte BTCetc – Bitcoin Exchange-Traded Crypto ETN des Emittenten ETC Group ist das Produkt über Xetra handelbar. Zudem hat die Deutsche Börse das Angebot auf ihrem Handelssystem am 9. März um zwei ETNs auf Ethereum sowie eine auf Bitcoin Cash erweitert. Auch über die Börse Stuttgart sind zahlreiche derivative Produkte auf Cyberdevisen handelbar.

Zentrales Clearing als Vorteil

„Ein indirektes Investment in Kryptowährungen ist im Vergleich zur direkten Variante deutlich unkomplizierter“, sagt Dominik Poiger, Produktmanager für Exchange-Traded Products (ETP) auf Kryptowährungen bei Van Eck. Zwar fielen die Kosten von ETNs höher aus als bei der Direktanlage, dafür erhielten Investoren aber zahlreiche Vorteile. Schließlich erfordere die Verwaltung und der Schutz einer digitalen Wallet technisches Verständnis. Wer beispielsweise seine Private Keys verliere, könne nicht mehr auf seine Wallet zugreifen – angeblich sind drei bis vier Millionen aller Bitcoin-Einheiten aufgrund solcher Missgeschicke aus der Zirkulation verschwunden. Bei Investitionen in ETNs unterstütze der Emittent den Anleger dabei, betont Poiger – die Produkte „entschlüsseln“ die Kryptoanlage also gewissermaßen. Zudem bestehe beim direkten Investment eine höhere Diebstahlgefahr, wie der Skandal um den Handelsplatz Mt. Gox gezeigt habe. In dessen Zuge waren infolge eines vermeintlichen Hacks im Jahr 2014 über Nacht 850000 Bitcoin-Einheiten verschwunden. „Krypto-ETNs sind indes üblicherweise an regulierten Börsen handelbar, in unserem Fall über Xetra. Das zentrale Clearing durch den Marktbetreiber reduziert die Counterparty-Risiken, auch wenn diese für die Anleger nicht vollständig ausgeschlossen werden können“, sagt Poiger. Zudem sei die ETN von Van Eck vollständig durch Bitcoin besichert, dafür arbeite der Emittent mit der Bank Frick aus Liechtenstein als Verwahrer zusammen.

Bisher ist die Zahl der Bankhäuser in Europa, die als Verwahrer von Kryptowährungen in Frage kommen, noch äußerst überschaubar. Laut Poiger wird sich dies mit zunehmendem Investoreninteresse aber wohl ändern. „Aus unserer Sicht hat Bit­coin aufgrund seiner Wirksamkeit als Inflationshedge das Potenzial, zum digitalen Gold zu werden“, führt Poiger aus. Die steigende Akzeptanz für Kryptowährungen sei zuletzt am institutionellen Engagement zu beobachten gewesen. So waren unter anderem der Software-Konzern Microstrategy und der Elektroautobauer Tesla in den vergangenen Monaten großvolumige Investitionen in Bitcoin eingegangen.

Mit Van Eck, ETC Group und 21Shares treten drei Anbieter an deutschen Handelsplätzen besonders prominent als ETN-Emittenten auf. „Der gravierendste Unterschied zwischen verschiedenen Krypto-ETNs ist die Art der Kursnachbildung“, sagt Poiger. Das Produkt von Van Eck folge im Gegensatz zu vielen anderen nicht dem Spotpreis, sondern dem MVIS Cryptocompare Bitcoin VWAP Close Index. Dieser beinhalte auch Hard Forks, also vereinfacht gesagt Aufspaltungen der Bitcoin-Blockchain wie beim Entstehen der kleineren Cyberdevise Bit­coin Cash im Jahr 2017. Damals erhielt jeder Bitcoin-Eigner für eine Einheit der populärsten Digitalwährung zusätzlich eine Einheit Bitcoin Cash. Den Gewinn daraus will Van Eck Investoren zugänglich machen.

Kompetitive Preisbildung

Dass Krypto-ETNs wie jene von Van Eck über Xetra gehandelt werden, bietet nach Poigers Ansicht auch gegenüber Zertifikaten auf Cyberdevisen Vorteile. „Schließlich gibt es auf dem börslichen Handelsplatz mehrere Marketmaker und somit eine kompetitive Preisbildung, während die Kosten bei Zertifikaten von Emittent zu Emittent stark variieren“, sagt der Produktmanager.

In Kanada haben inzwischen auch zwei Exchange-Traded Funds (ETF) auf Kryptowährungen eine Zulassung gefunden. Der erste, emittiert von der Investmentfirma Purpose, ist bereits gestartet: Innerhalb der ersten Stunde nach seinem Handelsdebüt an der Börse Toronto am 18. Februar erreichte er laut Bloomberg ein Handelsvolumen von 80 Mill. Dollar. Im Gegensatz zum kanadischen Regulator OSC verweigert die US-Bör­senaufsicht SEC einem Krypto-ETF seit Jahren die Zulassung. Marktteilnehmer hoffen darauf, dass sich dies unter dem designierten SEC-Vorsitzenden Gary Gensler ändert. Dieser gilt als aufgeschlossen gegenüber Kryptowährungen. In Europa ist für Krypto-ETNs laut Poiger aber keine Konkurrenz durch börsengehandelte Fonds zu befürchten. „Dafür müsste sich die Regulierung schon massiv ändern, schließlich sind Ucits-ETFs auf einzelne Basiswerte gar nicht zulässig“, sagt der Produktmanager.

Stattdessen könnten für Van Eck künftig Exchange-Traded Notes auf kleinere Kryptowährungen interessant werden. „Vorstellbar wäre zum Beispiel auch eine ETN auf ein Portfolio aus mehreren Kryptowährungen“, sagt Poiger. Andere Anbieter wie 21Shares sind bereits auf diese Idee gekommen. Zudem sind seit längerem Zertifikate auf ein Kryptoportfolio verfügbar, zum Beispiel von Vontobel. Ob solche Produkte aber einen Diversifikationsvorteil bringen, darf bezweifelt werden – schließlich sind die Kursentwicklungen einzelner Kryptowährungen stark positiv miteinander korreliert.