Staatsanleihen

Hedgefonds wetten gegen Italien

Leerverkäufer haben inzwischen die umfangreichsten Wetten gegen italienische Staatsbonds seit 2008 aufgebaut. Sie setzen auf eine Ausweitung der Spreads zu Bundesanleihen.

Hedgefonds wetten gegen Italien

xaw Frankfurt

Die politische Unruhe in Rom ruft Hedgefonds auf den Plan. So haben Shortseller inzwischen die umfangreichsten Wetten gegen italienische Staatsanleihen seit der globalen Finanzkrise aufgebaut. Laut dem Analysedienstleister S&P Global ist der Wert der leerverkauften Bonds des Landes im laufenden Monat auf über 39 Mrd. Euro gestiegen – so hoch war er zuletzt im Januar 2008.

Beobachter verweisen auf die Unsicherheit vor den Neuwahlen am 25. September, die nach dem Rücktritt des seither nur noch kommissarisch amtierenden Ministerpräsidenten Mario Draghi Ende Juli und der Auflösung beider Parlamentskammern nötig geworden sind. Derzeit zeichnet sich der Erfolg eines Rechtsbündnisses unter Führung der Fra­telli-d’Italia-Vorsitzenden Giorgia Meloni ab. Die Programme der beteiligten Parteien enthalten eine Vielzahl teurer Wahlversprechen.

Zugleich schürt der Zusammenbruch der Regierung Draghi Befürchtungen, dass Italien die im Corona-Wiederaufbauplan der Europäischen Union festgeschriebenen Reform- und Investitionsziele nicht wird einhalten können. In dem 750 Mrd. Euro schweren EU-Instrument ist das Land mit 200 Mrd. Euro als größter Einzelempfänger vorgesehen. Euro-Skeptiker in der erwarteten neuen Koalition in Rom fordern indes Anpassungen im Plan festgelegter Details.

Zudem halten sich Sorgen, dass Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank und das Ende ihrer Anleihekaufprogramme Italiens Staatsanleihen in eine neue Abwärtsspirale schicken könnten. Denn die Titel nehmen einen hohen Anteil in den Bilanzen der heimischen Banken ein. Verlieren die Bonds noch an Wert, könnte dies laut der LBBW dazu führen, dass die Kapitalisierung italienischer Banken unter regulatorische Mindeststandards falle. Daraufhin werde wohl der Staat einspringen und die Verschuldung ausweiten müssen, was die Anleihekurse weiter drücken würde. Die EZB will zu großen Zinsdifferenzen zwar mit ihrem neuen Antifragmentierungsinstrument entge­genwirken. Doch hat die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihe seit Anfang August wieder deutlich angezogen, zahlreiche Hedgefonds setzen nun eine erneute Ausweitung der Spreads zu deutschen Bundesanleihen.

Zusätzlicher Druck für Italien entsteht durch die Versorgungskrise am Energiemarkt und den starken Erdgaspreisanstieg. Ein vollständiger russischer Lieferstopp könnte in dem südeuropäischen Land nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds über das kommende Jahr eine ökonomische Kontraktion von mehr als 5% nach sich ziehen.

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