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Infrastruktur muss auch im Sturm segeln können

Wenn die entscheidenden Aspekte beachtet werden, können Infrastrukturfinanzierungen für Anleger immer noch erheblichen Mehrwert schaffen.

Infrastruktur muss auch im Sturm segeln können

Bis Anfang dieses Jahres schien die größte Herausforderung für Infrastrukturanleger die Corona-Pandemie zu sein. Die Assetklasse Infra­structure Debt ist in den letzten Jahren besonders stark gewachsen und ist ein relevanter Bestandteil vieler Portfolien institutioneller Anleger. Die meisten Infrastruktur-Assets konnten die Pandemie gut bewältigen. Doch der Februar 2022 bedeutete eine ganz neue Herausforderung.

Die Invasion in die Ukraine schickte nicht nur eine Schockwelle durch die Welt, sondern auch durch die Märkte. Energiepreise, die in die Höhe schnellen, Lieferengpässe, und eine so hohe Inflation, wie wir sie seit 40 Jahren nicht mehr erlebt haben, bestimmen seitdem nicht nur das wirtschaftliche Klima. Zum ersten Mal seit elf Jahren hat die Europäische Zentralbank im Juli den Leitzins angehoben. Weitere Anpassungen werden erwartet. Das hat Konsequenzen auch für Investoren im Bereich Infrastruktur.

Bei der Finanzierung eines Unternehmens oder Projekts müssen Anleger immer in ihre Überlegungen einbeziehen, wie die Konditionen in der Zukunft zum Zeitpunkt der Rückzahlung aussehen könnten. Projektfinanzierungen im Bereich Infrastruktur amortisieren sich in der Regel selbst, so dass hier kein Refinanzierungsrisiko bei höheren Zinsen besteht. Unternehmensdarlehen hingegen werden in der Regel am Ende der Laufzeit refinanziert. In der Vergangenheit haben viele Emittenten das Niedrigzinsumfeld genutzt und ihren Verschuldungsgrad erhöht. Diese müssen nun ihr Fremdkapital in einem deutlich höheren Zinsumfeld refinanzieren. Hier müssen Anleger genau hinschauen, ob der Cashflow des Unternehmens dann auch ausreicht, um die Verbindlichkeiten bedienen zu können und gleichzeitig ihren Investment-Grade-Status zu erhalten.

Wenn die Zinsen weiter steigen, könnten einige Unternehmen unter Druck geraten. Langfristige Anleger müssen solche Szenarien in ihren Planungen berücksichtigen. So achten wir bei AllianzGI beim Modellieren der Auswirkungen der Zinssätze genau darauf, wie schnell die Zinsen in den jeweiligen Regionen steigen, und streuen dann das Risiko durch Darlehen mit unterschiedlichen Laufzeiten und versuchen dadurch das Refinanzierungsrisiko zu mindern. Zusätzlich können verbindliche Konditionen in die Finanzierungsdokumente aufgenommen werden, die eine Reduzierung des Verschuldungsgrades bis zur Refinanzierung vorschreiben.

Schutz gegen Inflation

Die hohen Energiepreise haben die Inflation befeuert. Bei regulierter Infrastruktur, z. B. im Bereich der Energie- und Wasserversorgung sind die Einnahmen jedoch häufig an den Preisindex gekoppelt und können somit für Infrastrukturanleger zu einer gewissen Absicherung der Erträge und der Stabilität des Portfolios beitragen. Hohe Energiepreise belasten auch den öffentlichen Nahverkehr. Sie treffen jedoch insbesondere die Betreiber, die diese Kosten dann meist auf die entsprechenden Kommunen umlegen. Investitionen im Transportsektor mit Volumenrisiken, wie zum Beispiel Mautstraßen, müssen so strukturiert werden, dass sie eine längere Rezession durchstehen können. Aber Infrastrukturanleger, die insbesondere kritische und regulierte Infrastruktur finanzieren, sind meist vertraglich gut gegen eventuelle Inflationseinflüsse geschützt.

Die aktuelle Energiekrise hat auch die Versorgungssicherheit in den Blickpunkt gerückt. Dass Deutschland in seine Energieversorgung investieren muss, ist unumstritten und zeigt sich auch in der bis vor kurzem undenkbaren Debatte um die Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken. Diese Versorgungssicherheit gilt es in Einklang mit der Energiewende zu bringen. Dafür sind erhebliche Anstrengungen nötig, sowohl im Hinblick auf bestehende als auch noch zu errichtende Infrastruktur. Investitionen in Infrastruktur, insbesondere in grüne und transformierende Infrastruktur, die das Ziel der Klimaneutralität unterstützt, sind dringender denn je, doch nicht mehr nur aus öffentlichen Haushalten zu stemmen. Dabei zeigt die vor kurzem veröffentlichte Green-Infra­structure-Studie der Allianz, dass Europa große Investitionslücken ausweist, wie z. B. in Frankreich (1,3% des BIP pro Jahr), Italien (0,6%) und Deutschland (0,4%).

Private Investoren können helfen diese notwendige Transformation voranzutreiben. Das Spektrum an Infrastrukturanlagen, die Unternehmen auf ihrem Pfad zur Klimaneutralität unterstützen, ist breit. So hat die AllianzGI bereits Hybridfähren, Solaranlagen, aber auch den Ausbau von Glasfaser und Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz finanziert. Um Zugang zu solchen Transaktionen, die meist eine besonders hohe Komplexität auszeichnet, zu erlangen, bedarf es meist einer besonderen Expertise sowie Finanzstärke. Infrastrukturprojekte sind von Natur aus langfristige, illiquide und oft nachhaltige Vermögenswerte. Ihre Illiquiditätsprämie kann immer noch höhere Renditen generieren als beispielsweise viele Staatsanleihen. Institutionelle Anleger müssen die aktuellen Entwicklungen genau im Auge behalten und entsprechende Szenarien berücksichtigen, um auch zukünftig Krisen begegnen zu können. Unter diesen Bedingungen können Infrastrukturfinanzierungen für Anleger immer noch erheblichen Mehrwert schaffen. Gerade in stürmischen Zeit gilt es, die Segel richtig zu setzen, um auf Kurs zu bleiben.

Zuletzt erschienen:

Was kommt nach dem Inflationsbuckel? (248), Berenberg

Steht Schwellenländern ein Krisen-Déjà-vu bevor? (247), Vontobel

Warum Biodiversität für Anleger interessant ist (246), Pictet Asset Management