Ausblick

Märkte im Zwiespalt

Der US-Arbeitsmarktbericht stellt ein konjunkturelles Warnsignal dar, dämpft aber zugleich Sorgen vor einer Zinswende. Davon profitieren Tech-Aktien – doch Rückschlagsrisiken für Growth-Titel bleiben.

Märkte im Zwiespalt

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Die Märkte bleiben auch in der neuen Handelswoche in einem Zwiespalt gefangen. Dabei stehen Hoffnungen auf eine konjunkturelle Erholung von der Coronakrise weiterhin Sorgen vor einer Inflationsbeschleunigung gegenüber. Zuletzt waren robuste Indikatoren aus der Industrie an den Märkten eher ernüchtert aufgenommen worden, weil ein Aufschwung bei den Auftragseingängen mit Lieferengpässen zusammentrifft und dies steigende Preisniveaus nach sich zieht.

Die Befürchtungen bezüglich einer Zinswende hatte US-Finanzministerin Janet Yellen jüngst noch verstärkt. Der am Freitag vorgelegte US-Arbeitsmarktbericht dürfte nun konträr dazu wirken. Denn die Beschäftigung ist im April deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, die Zahl der im März neu geschaffenen Stellen wurde nachträglich nach unten korrigiert.

„Dieser Arbeitsmarktbericht lässt die Falken verstummen, die Tauben haben die Oberhand über die Geldpolitik“, sagt Thomas Altmann, Leiter des Portfoliomanagements bei der Investmentboutique QC Partners. Allerdings sendeten die Jobdaten durchaus ein Warnsignal, die Regierung in Washington müsse nun zeigen, dass sie die Erholung am Laufen halten könne. Bei den Käufern von Tech-Aktien überwiege nun allerdings die Freude darüber, dass die Zinsen noch länger niedrig bleiben könnten. Tatsächlich zeigte sich der Nasdaq 100 am Donnerstag sowie auch am Freitag im frühen Handel in New York kräftig erholt, nachdem er zuvor seit Ende April deutlich abgebaut hatte.

Allerdings bleiben Beobachter in Bezug auf Growth-Aktien skeptisch. „Die geplanten Maßnahmen der Biden-Administration werden den Trend der Outperformance zyklischer Substanzwerte gegenüber hochbewerteten Wachstumstiteln noch verstärken“, kommentiert Manfred Schlumberger, Leiter des Portfoliomanagements beim Assetmanager Starcapital, die Marktaussichten. Insgesamt sprächen die avisierten Steuererhöhungen in den USA und das anstehende Infrastrukturpaket gepaart mit den ansteigenden Inflationserwartungen für baldige Rücksetzer globaler Aktien.

Die Rohstoffpreise haben zuletzt indes wieder angezogen, wenngleich die Notierung der wichtigsten Nordsee-Ölsorte Brent Crude vorläufig noch an der Marke von 70 Dollar pro Barrel scheiterte. Die solide Förderdisziplin des Ölkartells Opec und eine starke Nachfrageerholung im zweiten Halbjahr dürften laut der Commerzbank langfristig Preisunterstützung bieten. Auf kurze Sicht bremsten die jüngsten Preisanstiege aber die Importe des wichtigsten Netto-Abnehmers China aus, was Korrekturrisiken berge. Für die Marktteilnehmer dürfte nun interessant sein, welche Fingerzeige über Förderung und Nachfrageentwicklung die Opec und die Internationale Energieagentur in ihren am Dienstag und Mittwoch anstehenden Monatsberichten vom Ölmarkt geben.