Glücksspiel

Online-Boom treibt Casino-Aktien

Das Digitalgeschäft hat für die Casino-Konzerne in Coronazeiten stark an Bedeutung gewonnen. Investoren setzen darauf, dass es für die US-Glücksspielriesen auch langfristig zum Profitbringer wird.

Online-Boom treibt Casino-Aktien

Von Alex Wehnert, New York

Der Casino-Konzern Caesars Entertainment liefert den jüngsten Beleg für den Boom der US-Glücksspielbranche. So hat der Betreiber von Las-Vegas-Institutionen wie dem Flamingo seine Verluste im Schlussquartal 2022 deutlich eingedämmt. Der Fehlbetrag belief sich auf 70 Cent pro Aktie, im Vorjahr standen dort noch 2,07 Dollar.

Die Wall Street hatte sich im Vorfeld zwar eine noch stärkere Entwicklung erhofft, von Enttäuschung ist bei Investoren allerdings keine Rede. Mehrere Analysten, darunter die der britischen Großbank Barclays, haben ihre Empfehlungen zum Kauf oder zum Übergewichten der Caesars-Aktie nach der Zahlenvorlage bekräftigt und die Kursziele erhöht. Vor allem der starke Ausblick für das Digitalgeschäft stützt die Analystenstimmung bezüglich des Titels und des gesamten Glücksspielsegments. Zwischen Anfang Januar und Mittwochabend legte die Caesars-Aktie um 28% zu.

In einem Investoren-Call prognostizierte CEO Tom Reeg, dass das Online-Wett- und -Spielgeschäft des Konzerns im Gesamtjahr 2023 profitabel sein werde, nachdem die Digitalsparte 2022 noch einen Verlust von 790 Mill. Dollar verbucht hatte. Bis 2025 soll die Unternehmenseinheit laut Reeg bis zu 500 Mill. Dollar Gewinn pro Jahr erwirtschaften.

Das Online-Geschäft hat für die US-Casino-Branche stark an Bedeutung gewonnen. Im vergangenen Jahr lag der Anteil an den Gesamterlösen laut dem Branchenverband American Gaming Association (AGA) bei 19,5%. Im Vergleich zu anderen Märkten wie Großbritannien oder Deutschland falle er damit zwar noch niedrig aus – noch 2017 lag er in den USA aber bei nahezu null.

Die Steigerung ist laut Analysten auch darauf zurückzuführen, dass die US-Konzerne sich in Coronazeiten nach neuen Einnahmequellen umsehen mussten. Denn infolge versiegender Touristenströme nach Las Vegas sackten die Brutto-Glücksspielerlöse in den Vereinigten Staaten 2020 laut AGA um mehr als 31% auf 30 Mrd. Dollar ab. Nach dem Einbruch setzten sie allerdings zu einer wilden Rekordjagd an, im vergangenen Jahr erreichten sie mit 60,4 Mrd. Dollar ein Allzeithoch.

Caesars positionierte sich im Online-Geschäft unter anderem durch eine Kooperation mit dem Fernsehsender ESPN. Der Casino-Betreiber tritt als Sponsor auf und versorgt den Partner mit Daten. Im Gegenzug erhält er Quervermarktung für seine Wettsparte. Diese stärkte Caesars 2020 auch durch die Übernahme des Buchmachers William Hill, dessen Europa-Geschäft der Glücksspielkonzern 2021 an 888 Holdings weiterverkaufte.

Auch Konkurrent MGM Resorts In­ternational, mit Häusern wie dem Bellagio, dem Mirage und dem MGM Grand der Platzhirsch am Las Vegas Strip, verfügt über eine starke Präsenz bei Online-Sportwetten. Mit der europäischen Glücksspielholding En­­tain betreibt der Konzern das Joint Venture BetMGM, das sich im vergangenen Jahr zu einem der drei führenden US-Anbieter in dem Segment entwickelt hat und im zweiten Halbjahr 2023 profitabel werden soll.

Analysten und Anleger sehen auch darüber hinaus lukrative Gelegenheiten. Denn die Glücksspiellegalisierung in den USA schreitet schnell voran, seit der Oberste Gerichtshof im Mai 2018 ein Bundesgesetz kippte, durch das gewerbliche Sportwetten in den meisten Staaten untersagt waren. Inzwischen bieten mehr als 30 Bundesstaaten legale Sportwettseiten an. Laut Branchenkennern ist im laufenden Jahr eine Legalisierung in fünf weiteren Staaten realistisch.

Entsprechend steigt nicht nur der Anteil des Online-Geschäfts an den Gesamterlösen der Casino-Konzerne – auch ihr regionales Einnahmenprofil verändert sich. So sind die Brutto-Glücksspielerlöse in Bundesstaaten wie New York und Connecticut im Schlussquartal 2022 laut AGA um 64 und 67% in die Höhe geschnellt.

Die Analysten der US-Großbank J.P. Morgan, die Caesars wie ihre Barclays-Kollegen zum Übergewichten empfehlen, sehen aber weiterhin großes Potenzial im Kernmarkt Las Vegas. Die Deutsche Bank hebt unterdessen die starke Performance von MGM Resorts International in Sin City hervor – die Glücksspielerlöse des Konzerns am Strip hätten die bereits hohen Markterwartungen im Schlussquartal problemlos übertroffen. Die MGM-Aktie, für die sich in der Datenbank des Dienstleisters Refinitiv derzeit 13 Kauf-, fünf Halten- und keine Verkaufsempfehlung finden, hat unter den führenden Casino-Werten im bisherigen Jahresverlauf mit einem Plus von fast 30% die stärkste Entwicklung hingelegt.

Bei allem Zockerfieber der Anleger verbleibt für die Casino-Aktien aber ein bedeutender Risikofaktor: das Macau-Geschäft der Glücksspielriesen. Insbesondere Las Vegas Sands (LVS), die vor Ausbruch der Corona-Pandemie massiv auf den asiatischen Markt gesetzt hatte, ist von einer fortgesetzten Erholung des Geschäfts in der chinesischen Sonderverwaltungszone abhängig.

Die LVS-Aktie, über lange Jahre ein Favorit der Analysten, hinkt den Papieren der anderen Branchenschwergewichte 2023 bislang hinterher. Doch die Deutsche Bank zeigt sich auch für diesen Titel zuversichtlich. Immerhin falle der LVS-Cashflow auch in Macau inzwischen wieder positiv aus.

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