Rohstoffaktien

„Wir erwarten bei Kupfer neue Höchststände “

Armin Sabeur sieht Rohstoffe und Rohstoffaktien als attraktive Anlagen an. Kupfer ist nach Einschätzung des Portfoliomanagers von Optinova eines der interessantesten Investments.

„Wir erwarten bei Kupfer neue Höchststände “

Christopher Kalbhenn.

Herr Sabeur, Rohstoffe und Rohstoffaktien zählten 2022, als fast jede Assetklasse unter Druck stand, zu den wenigen Gewinnern. Sind sie auch in diesem Jahr eine gute Anlage?

Der Rohstoffbereich liegt seit 2022 in einem Spannungsfeld zwischen Ukraine-Krieg, Inflation und Rezessionssorgen. Der Wegfall Russlands als wichtiger Rohstofflieferant wurde in der ersten Jahreshälfte 2022 eher als positiver Faktor für den Bereich gesehen. Allerdings wertet der Markt inzwischen die damit verbundenen Rezessionsängste höher als mögliche Preissteigerungen durch Rohstoffknappheit. Positiv für diese Assetklasse könnten 2023 die Rückkehr Chinas an den Weltmarkt sowie die bestehende Inflation sein. Denn gerade Unternehmen am Anfang der Wertschöpfungskette können die Preissteigerungen leichter an den Markt weitergeben.

Was bedeutet die Aufhebung der Corona-Restriktionen für Roh­stoffe?

Um im Corona-Jargon zu bleiben: Die Aufhebung der Corona-Restriktionen ist als Booster für die weltweite Nachfrage anzusehen. Dies gilt sowohl für den Rohstoffbereich als auch für andere Branchen außerhalb des Techbereichs, der in den vergangenen Jahren zu den großen Profiteuren der Pandemie zählte. Damit verbunden ist übrigens auch die Rückkehr der Value-Werte in den letzten zwölf Monaten.

Ist die Assetklasse ein guter Schutz gegen Inflation? Wie wird sich der Rückgang der Inflation auswirken?

In den siebziger Jahren war der Rohstoffsektor auf jeden Fall ein Schutz gegen Inflation. Der Sektor konnte sogar reale positive Renditen erzielen. Damals mussten die USA einen Krieg in Vietnam durch höhere Staatsverschuldung finanzieren und gleichzeitig die Folgen der Inflation für breite Bevölkerungsschichten mit aufgeblähten Sozialprogrammen abfedern. Die Parallelen zu heute sind unübersehbar. Zwar waren Rohstoffinvestments damals sehr lukrativ, ich hoffe jedoch für uns alle, dass wir infolgedessen nicht die gleichen Höchststände bei den Zinsen erleben werden. Dies würde insbesondere die Eurozone nicht verkraften.

Öl- und Gaskonzerne haben als Folge der Energiepreis-Hausse rekordhohe Gewinne eingefahren. Was halten Sie von den Aktien der Branche?

Bei den Öl- und Gaskonzernen kamen in den letzten zehn Jahren zwei wichtige Faktoren zusammen. Zum einen handelte es sich um eine Zeit der Wachstumswerte, in der die sogenannten Value-Werte gemieden wurden. Zum anderen ist das Modethema ESG stark in die Öffentlichkeit gerückt. Als Portfoliomanager halte ich die Branche für sehr attraktiv. Zwar können höhere Zinsen die Investitionstätigkeit etwas abbremsen, die höhere Inflation und die Aufhebung der Corona-Restriktionen stimmen mich aber positiv für diese Unternehmen.

Wird sich der Übergang von den fossilen zu den erneuerbaren Energien nicht stark negativ auf das Segment auswirken?

Darin steckt die große Ambivalenz der Energiewende. Gerade die Industriemetalle werden zu den größten Profiteuren gehören. So­wohl Windkraft- als auch Solaranlagen benötigen sehr große Mengen an Industriemetallen. Stellen Sie sich beispielsweise nur einmal vor, welche Mengen an Rohstoffen allein in Deutschland für die geplante Nord-Süd-Trasse benötigt werden. Dabei werden in vielen größeren Volkswirtschaften, wie beispielsweise den USA und der Volksrepublik China, gigantische grüne Konjunkturprogramme initiiert.

Welche interessanten Anlagemöglichkeiten sehen Sie im Bereich erneuerbare Energien?

Da es sich hier um einen Wachstumsmarkt handelt, sind Bewertungen ziemlich schwierig. Zwar gibt es einige Solarzellenhersteller in Asien oder auf Wasserkraft spezialisierte Versorger aus Nordamerika, die sich durch klassische Kennzahlen bewerten lassen; um den gesamten Markt adäquat abzudecken, mischen wir unseren Portfolios aber auch „Clean-Energy-ETFs“ bei.

Die Transformation zur Eindämmung der Erderwärmung erfordert einen hohen Einsatz von Industriemetallen wie Kupfer. Was erwarten Sie langfristig für die Preisentwicklung von Kupfer und anderen betroffenen Metallen?

Kupfer gehört zu den interessantesten Investments, wenn es um die an­gesprochene Transformation geht. Neben Windkraftanlagen und Kabelsträngen für den Stromtransport ist Kupfer auch für den Elektromobilitätsbereich relevant. Elektromobile benötigen die drei- bis vierfache Menge an Kupfer wie klassische Verbrennerfahrzeuge. Folglich erwarten wir bei Kupfer in den nächsten Jahren neue Höchststände, die meines Erachtens auch nachhaltig sein ­werden.

Gibt es im Bergbausektor interessante „Pure Plays“, d.h. Aktien von Unternehmen, die (nahezu) ausschließlich auf Kupfer fokussiert sind?

Als Optinova legen wir prognosefrei und systematisch an. D.h. wir sind keine Anhänger von Stock-Picking-Strategien. Ist man jedoch als Portfoliomanager von dem Thema überzeugt, so gehören sicherlich große Produzenten wie beispielsweise Glencore und Anglo American (An­merkung: im Optinova-Bestand) ins Portfolio. Da die Recyclingquote bei Kupfer in den USA bei 40% und in Deutschland bei fast 50% liegt, ist es zudem ratsam, auch Unternehmen anzuschauen, die auf die Wiederverwertung spezialisiert sind. So ist beispielsweise das MDax-Unternehmen Aurubis interessant (Anmerkung: im Optinova-Bestand).

Wie investieren Sie im Agrar- und Nahrungsmittelsektor?

Grundsätzlich nur über Aktien. Spekulationen mit Futures und anderen Derivaten vermeiden wir beim Thema Lebensmittel ganz bewusst. Die Hälfte unseres Portfolios ist in klassische Lebensmittelmultis investiert, die auf die Herstellung und Verteilung spezialisiert sind. Bis zu 30% investieren wir in den Farming-Sektor. Hierzu gehören der (Traktoren-)Maschinenbau, aber auch innovative Unternehmen, die moderne Navigationsdienstleistungen für die Landwirtschaft oder Beleuchtungstechnik anbieten. Die übrigen 20% des Portfolios sind für Firmen reserviert, die im Bereich Wasserversorgung, Wasserfilterung und Wassertransport tätig sind. Letztendlich ist Wasser der wichtigste Rohstoff für den landwirtschaftlichen Bereich.

Können Rohstoffaktien, insbesondere die von Öl- und Gasförderern sowie von Bergbauunternehmen, ESG-konform sein?

Energie und Rohstoffe sind die Treiber für Zivilisation und Fortschritt. Trotz technologischer Weiterentwicklungen und steigender Effizienz wird der globale Energieverbrauch auch in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen. Der Energie- und Rohstoffsektor sollte deshalb in jedem ausgewogenen Depot enthalten sein. Gleichzeitig wird es aber noch lange dauern, bis die Welt flächendeckend mit nachhaltigen und emissionsarmen Energieträgern versorgt werden kann. Aber das Thema ESG spielt mittlerweile auch bei den großen Unternehmen eine entscheidende Rolle. Klassische Öl- und Gasunternehmen verschieben ihren Fokus zunehmend auf alternative Energien. Auch die Herstellung und Versorgung von beziehungsweise mit Wasserstoff spielt eine immer größere Rolle. So beabsichtigt beispielsweise das australische Bergbauunternehmen Fortescue mit einem Tochterunternehmen, grünen Wasserstoff herzustellen und diesen mit deutschen Partnern nach Europa zu liefern. Wir sind in unserer Anlagestrategie dazu übergangen, beim Thema ESG auf einen Best-in-Class Ratingansatz zu setzen. Und tatsächlich gibt es immer mehr Unternehmen aus diesem Sektor, die sich bemühen, ihre ESG-Einstufung zu verbessern. Letztendlich liegt es aber auch im Interesse der Unternehmen selbst, auf ökologische und soziale Kriterien zu achten.

Das Interview führte

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.