Industriepolitik

Brüssel weitet Energie-Förderung aus

Der EU-Kommission schwebt eine aktivere Industriepolitik vor. In einem Entwurf ihres groß angekündigten „Green Deal Industrial Plan“ wird nun klarer, wie sie sich das vorstellt.

Brüssel weitet Energie-Förderung aus

Die EU-Kommission setzt in der Industriepolitik verstärkt auf die Förderung grüner Energie. Dafür will sie Milliarden aus dem in der Coronakrise aufgelegten Wiederaufbaufonds umwidmen. Außerdem richtet die Brüsseler Behörde die Finanzierung von grünem Wasserstoff und anderer klimafreundlicher Technologien neu aus. Auch Steueranreize sind angedacht. Das geht aus einem Entwurf für ein Industriepaket hervor, der der Börsen-Zeitung vorliegt. Von neuen Gemeinschaftsschulden ist darin nicht die Rede.

Am Mittwoch will die EU-Kommission ihren groß angekündigten „Green Deal Industrial Plan“ vorstellen. Er ist als Antwort auf umfangreiche Subventionen in den USA und in China gedacht. Insbesondere Joe Bidens Inflation Reduction Act hat Sorgen vor Wettbewerbsnachteilen europäischer Unternehmen ausgelöst. Für Streit in der EU sorgen Pläne, Beihilfen zu erleichtern und im Gegenzug zusätzliche schuldenfinanzierte Hilfstöpfe aufzulegen.

Der EU-Kommission schwebt ein Souveränitätsfonds vor. Dieser solle gemeinschaftlich finanziert sein, wie Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in Berlin unterstrich. Gentiloni zufolge geht es darum, finanzschwächere EU-Staaten nicht zu verprellen. Zweck sei aber nicht Umverteilung, sondern Vorhaben von europaweitem Interesse zu fördern. „Dies ist ein gemeinsames Projekt, um auf die Herausforderung unserer Wettbewerbsfähigkeit zu antworten.“ Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) äußerte sich nach einem Treffen mit Gentiloni einmal mehr ablehnend zur Idee eines Souveränitätsfonds. Es sei genug Geld da.

Die EU-Kommission beziffert den Finanzierungsbedarf in ihrem „Green Deal Industrial Plan“ auf knapp eine halbe Bill. Euro pro Jahr bis 2030. Der Kontroverse über neue Schulden geht sie darin zunächst aus dem Weg. Um den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft zu beschleunigen, will sie fürs Erste auf bestehende Förderinstrumente zurückgreifen und teils umschichten. Der Souveränitätsfonds benötigt dagegen Zeit bis zum Sommer. Er soll deutlich breiter angelegt sein und auch Bereiche wie Quantencomputing, künstliche Intelligenz und Biotechnologie einschließen.

Als Hauptfördertopf dient laut EU-Kommission Repower EU. Das Programm ist demnach mit rund 250 Mrd. Euro gespeist, zu weiten Teilen aus dem Wiederaufbaufonds aus der Coronakrise. Es läuft bis 2026. Die EU-Kommission erwartet, dass der Abruf der Mittel in diesem Jahr seinen Höhepunkt erreicht. Dagegen sieht der Inflation Reduction Act der USA bis 2031 stetig steigende Beihilfen für Unternehmen und Verbraucher vor (siehe Grafik). Die EU-Kommission führt zwar weitere Fördertöpfe auf, macht aber zugleich klar, dass mehr Geld nötig sein wird.

Unter Energieexperten weckt der mit 10 Mrd. Euro ausgestattete Innovationsfonds Interesse. Statt einer fixen Vergütung sollen Unternehmen künftig in der Lage sein, Finanzierungslücken über spezielle Auktionen zu schließen. Anfangs hat die EU-Kommission solche Auktionen für die Produktion von grünem Wasserstoff vorgesehen, die erste avisiert sie für Herbst 2023. Anschließend will sie den Mechanismus auf Hersteller von Solaranlagen, Windkraftanlagen und Batterien ausweiten.

„Das ist der Versuch einer direkten Antwort auf den Inflation Reduction Act“, sagt der Energieexperte André Wolf vom Centrum für europäische Politik (Cep). „Die EU-Kommission ist darauf aus, die Förderung grüner Technologien verstärkt auf die europäische Ebene zu ziehen.“ Wolf rechnet mit Widerstand aus den Hauptstädten, denn bislang ist die Förderung bestimmter Industrien weitgehend Sache der nationalen Regierungen. Für Wolf ist deshalb „alles andere als klar, inwieweit die EU-Staaten hier mitgehen werden“.

Der Kommissionsplan sieht zudem Steuervorteile für Hersteller klimafreundlicher Technologien vor. Es handele sich um eine direkte Antwort auf den Inflation Reduction Act, findet auch Maria Demertzis vom Forschungsinstitut Bruegel. Die Pläne steckten „voller Gegenleistungen“.

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