Strompreisbremse

Bund brüskiert Erneuerbare-Lobby

Die von der Bundesregierung geplante Einführung der aus abgeschöpften Zufallsgewinnen finanzierten Strompreisbremse zum Januar ist laut Energiebranche nicht zu schaffen. Zudem hält der Branchenverband der Ökostromerzeuger das Konzept für verfassungswidrig.

Bund brüskiert Erneuerbare-Lobby

cru Frankfurt

Die geplante Strompreisbremse trifft auf scharfe Kritik in der Energieindustrie. Die Chefin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae, erklärte am Mittwoch in Berlin, es sei „zeitlich völlig unrealistisch“, dass das Gesetz zur Strompreisbremse, das am 17. November auf den Weg gebracht werden soll, ab 1. Januar 2023 seinen Zweck erfüllen werde: die Entlastung der Strom verbrauchenden Haushalte und Unternehmen durch Abschöpfung der Übergewinne der Stromerzeuger. Auch der Stadtwerkeverband VKU erklärte, eine Einführung der Strompreisbremse zum 1. Januar sei nicht umsetzbar.

80 Prozent werden verbilligt

Die Bundesregierung plant, dass für Strom für Haushalte wie bei der Gaspreisbremse ein Grundkontingent von 80 % des bisherigen Verbrauchs für einen Brutto-Preis von 40 Cent je Kilowattstunde bereitgestellt werden soll. Zur Mitfinanzierung der Strompreisbremse sollen „Zufallsgewinne“ von Unternehmen auf dem Strommarkt rückwirkend ab 1. September abgeschöpft werden.

Das betrifft vor allem Produzenten von Ökostrom aus Wind und Sonne wie RWE oder EnBW, die zuletzt von den hohen Gaspreisen und den in der Folge ebenfalls steigenden Strompreisen an der Börse besonders stark profitiert haben. Entsprechend kritisch sieht der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) die Pläne für die Strompreisbremse. Die Ökostrom-Lobby schlägt stattdessen als bessere – angeblich „gerechtere“, „einfachere“ und „effizientere“ – Alternative eine Übergewinnsteuer vor, die laut einem bei der Kanzlei Raue in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten mit geltendem EU-Recht vereinbar wäre.

„Sie wäre das wesentlich effizientere Instrument zur kurzfristigen Beschaffung von Finanzmitteln als die hochkomplexen und überbürokratischen Planungen zur Strompreisbremse“, kommentiert BEE-Präsidentin Simone Peter. „Was für Mineralölkonzerne auf EU-Ebene als Solidaritätsbeitrag vorgesehen ist, kann auch für Erneuerbare umgesetzt werden. Sie wären dann nicht schlechter gestellt.“

Der angedachte „Treppenansatz“ des Bundeswirtschaftsministeriums, der bei der Abschöpfung der Übergewinne zwischen Erneuerbaren und fossilen Energieträgern unterscheidet, stünde dem Beihilferecht entgegen. Die Ungleichbehandlung sei „potenziell europarechtswidrig“.

Die Kanzlei betont außerdem, dass laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestags ein rückwirkender Eingriff in die Erlöse verfassungsrechtlich unzulässig wäre. „Wenn es sich bestätigen sollte, dass eine rückwirkende Abschöpfung ab Frühjahr vom Tisch ist, wie gestern bekannt wurde, wäre eine erste wichtige Korrektur vorgenommen. Weitere Anpassungen müssen im Sinne von Vertrauensbildung und Investitionsschutz folgen“, fordert Peter.

Kein „Steuererfindungsrecht“

Gemäß den Vorgaben des Grundgesetzes habe der Gesetzgeber außerdem kein „Steuererfindungsrecht”, sondern müsse sich an den im Grundgesetz vorgegebenen Steuerarten orientieren. Die Planungen zur Strompreisbremse würden nicht den darin enthaltenen Typen entsprechen. Dagegen sei die Einführung einer Steuer noch während des Veranlagungszeitraums möglich. Zudem könnte eine solche Steuer auch befristet für den Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis zum 30. Juni 2023 eingeführt werden.

Laut Peter würde das derzeitige Konzept des Bundeswirtschaftsministeriums zu einer „ganzen Lawine an Klagen führen und das Investitionsklima in Deutschland auf Jahre hin belasten“. „Wir appellieren deshalb dringend an die Beteiligten, den verfassungswidrigen Irrweg zu verlassen und stattdessen der Branche mittels einer einfachen Steuer eine rechtsfeste, schnell umzusetzende Vorgabe zu machen“, fordert Peter.

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