Eurozone

Gemischte Inflations­signale für die EZB

Gemische Signale für die EZB: Einerseits schrauben die Verbraucher im Euroraum ihre Inflationserwartungen etwas hinunter. Andererseits erwarten sie eine dauerhaft zu hohe Inflation und sorgen sich. Für die EZB bleibt es ungemütlich.

Gemischte Inflations­signale für die EZB

ms Frankfurt

Die Verbraucher im Euroraum haben Ende 2022 ihre Erwartungen an die künftige Inflation etwas heruntergeschraubt. Zugleich sagen sie laut einer neuen EZB-Umfrage aber auf Sicht von drei Jahren weiter eine Inflationsrate voraus, die merklich oberhalb des 2-Prozent-Ziels der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt. Zudem belegt das neue Eurobarometer, dass die rasant steigenden Lebenshaltungskosten mit Abstand die größte Sorge der Europäer sind. Von Seiten der EZB kommen derweil neue Signale für weitere, deutliche Zinserhöhungen.

Für die EZB bedeuten die jüngsten Umfragen gemischte Signale. Einerseits dürfte es für eine gewisse Erleichterung sorgen, dass die Inflationserwartungen nicht weiter angezogen haben, sondern sogar zurückgegangen sind – auch im Lichte der Ende 2022 bereits deutlich abgeschwächten Inflation und der beispiellosen Zinserhöhungen der EZB. Die EZB hat seit Juli ihre Leitzinsen um insgesamt 250 Basispunkte angehoben. Andererseits zeigt die weiter stark verbreitete Sorge vor der Inflation, dass es für eine Entwarnung zu früh ist und das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale weiterhin besteht.

Laut dem am Donnerstag veröffentlichten Consumer Expectations Survey (CES) der EZB sagten die Verbraucher im November auf Sicht von drei Jahren im Median eine Inflationsrate von 2,9% voraus – nach 3,0% im Oktober. Im Mittelwert ging es von 4,9% auf 4,6% herunter. Unlängst hatten separate Zahlen der EU-Kommission gezeigt, dass zuletzt die Besorgnis über die Preisentwicklung in den größten Volkswirtschaften der Union weitgehend auf ihren langfristigen Normalwert zurückgegangen ist. Beide Werte liegen aber deutlich oberhalb der 2,0%, die die EZB mittelfristig anstrebt. Die Gefahr einer Loslösung der Inflationserwartungen vom 2-Prozent-Ziel ist damit also keineswegs gebannt.

Auf Sicht von einem Jahr gingen die Inflationserwartungen im Median von 5,4% auf 5,0% und im Mittelwert von 8,1% auf 7,3% zurück. Im November hatte die Euro-Inflationsrate nach dem rasanten Anstieg in den Jahren 2021 und 2022 erstmals deutlich und auch stärker als erwartet nachgegeben. Sie sank vom Rekordwert von 10,6% im Oktober auf 10,1% im November. Im Dezember ging sie dann noch weiter auf 9,2% zurück. Zugleich kletterte die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel aber im Dezember auf ein absolutes Rekordhoch von 5,2%. Das spricht für einen zwar künftig geringeren, aber weiter hartnäckigen Preisdruck in der Währungsunion.

Die Europäer sind in jedem Fall weiter sehr besorgt über die hohe Inflation, wie das ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte Eurobarometer des EU-Parlaments zeigt. Demnach sind für 93% der Europäer die steigenden Lebenshaltungskosten die größte Sorge. Die Gefahr von Armut und sozialer Ausgrenzung folgt mit Abstand (82%). Besonders ausgeprägt ist die Sorge in Griechenland (100%), Zypern (99%) sowie Italien und Portugal (jeweils 98%). In Deutschland sind die steigenden Kosten demnach für 93% der Befragten besorgniserregend. Nur ein Drittel der Europäer (jeweils 33%) ist mit den Maßnahmen zufrieden, die ihre nationalen Regierungen oder die EU ergriffen haben, um den Anstieg der Lebenshaltungskosten zu bekämpfen. Die Bürger erwarten von der EU weitere Lösungen, um die Folgen der Krisen abzumildern.

Die EZB ihrerseits will mit weiteren Zinserhöhungen die Inflation weiter drücken. Gleich mehrere Euro-Notenbanker sprachen sich nun erneut dafür aus. „Die Zinsen werden noch deutlich steigen müssen“, sagte Finnlands Notenbankchef Olli Rehn am Mittwoch in einem Webinar des Peterson Institute for International Economics. Auch Spaniens Zentralbankchef Pablo Hernández de Cos sagte, bei zukünftigen Treffen werde es eine „signifikante“ Erhöhung geben müssen. Beide gelten nicht als geldpolitische Hardliner im EZB-Rat.

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