Verbraucherpreise

Kerninflation erreicht Rekordwert

Die Inflation in der Eurozone ist im Januar etwas gesunken – der Rückgang fiel jedoch schwächer aus als in der ersten Schätzung Anfang Februar vermutet. Die Debatte um den richtigen EZB-Kurs dürfte weiter an Fahrt aufnehmen.

Kerninflation erreicht Rekordwert

ms/mpi Frankfurt

Von den jüngsten Inflationsdaten für den Euroraum gehen gemischte Signale aus. Die Verbraucherpreise sind im Januar zwar den dritten Monat in Folge gesunken, die Kerninflation erreicht jedoch den höchsten Stand seit der Einführung des Euro. Die Inflation stieg im Jahresvergleich um 8,6% an, wie das Statistikamt Eurostat am Donnerstag in Luxemburg mitteilte. Damit wurde die erste Schätzung leicht nach oben korrigiert, die noch eine Inflationsrate von 8,5% vorhergesagt hatte. Auch die Kerninflation, bei der die Energie- und Lebensmittelpreise nicht berücksichtigt werden, revidierte Eurostat leicht nach oben von 5,2% auf 5,3%. Die Aufwärtsrevision war von den meisten Analysten erwartet wurden.

Treiber der Inflation waren erneut die hohen Energie- und Lebensmittelpreise. Binnen Jahresfrist verteuerte sich Energie um 18,9% nach 25,5% im Dezember. Die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak nahmen um 14,1% zu, nach 13,8% im Vormonat. Die Kernrate der Inflation zeigt, wie stark sich die Teuerung aber auch abseits der hohen Energiepreise in der Wirtschafts ausgebreitet hat. Dementsprechend ist der höchste Stand der Kerninflation seit Einführung des Euro ein Warnsignal für die Europäische Zentralbank (EZB).

Die Inflationsaussichten und die Implikationen für die EZB-Geldpolitik sorgen derzeit für intensive Debatten unter Ökonomen, aber auch unter den Euro-Notenbankern selbst. So kritisierte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, dass die EZB die Inflationsrisiken überschätze. Das Risiko einer Entankerung der Inflationserwartungen vom 2-Prozent-Ziel der EZB und die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale seien geringer als von der EZB unterstellt. Carsten Brzeski, Global Head of Macro bei der ING, betonte, dass die beispiellosen Zinserhöhungen seit Juli 2022 um insgesamt 300 Basispunkte bereits begönnen, sich in der Euro-Wirtschaft niederzuschlagen. Die Geldpolitik sei inzwischen restriktiv. Die Geldpolitik sei „wahrscheinlich die am meisten unterschätzte Wachstumsbremse für 2023“, so Brzeski. Auch unter den Notenbankern wird teils kontrovers debattiert. Die Hardliner im EZB-Rat („Falken“) dringen auf weitere deutliche Zinserhöhungen über März hinaus. Für März hat der EZB-Rat bereits eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte avisiert. Auch EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hatte vergangene Woche Spekulationen geschürt. Sie sagte, dass die Finanzmärkte die Entschlossenheit der EZB im Kampf gegen die Inflation unterschätzen könnten und die EZB möglicherweise „energischer handeln“ müsse. Dagegen plädierte Direktoriumsmitglied Fabio Panetta, der als „Taube“ gilt, für künftig geringere Zinserhöhungen und mehr Flexibilität.

Zu Wochenbeginn hatte allerdings auch EZB-Ratsmitglied Olli Rehn, der auch eher als Mann der Mitte im Rat und einigen sogar als „Taube“ gilt, im Interview der Börsen-Zeitung für einen entschlossenen Zinskurs plädiert: „Es ist kaum vorstellbar, dass wir die Zinserhöhungen stoppen, solange die Kerninflationsrate weiter anzieht und derart hoch liegt“, sagte er (vgl. BZ vom 20. Februar). Es sei wichtig, dass die Notenbank bei den Leitzinsen den restriktiven Bereich erreiche und dann einige Zeit auf dem Niveau bleibe.

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