Großbritannien

Reallöhne sinken um 2,6 Prozent

Sinkende Reallöhne, weniger offene Stellen – die jüngsten Arbeitsmarktdaten aus Großbritannien bringen wenig gute Nachrichten. Die Arbeitslosenquote stieg im September unerwartet.

Reallöhne sinken um 2,6 Prozent

hip London

Die britischen Realeinkommen sind im dritten Quartal um 2,6 % gesunken. Rechnet man Sonderzahlungen heraus, belief sich der Rückgang auf 2,7 %. So stark waren sie zuletzt im Frühjahr 2009 geschrumpft. Besonders betroffen waren die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, bei denen sich der reale Einkommensverlust auf rund 6 % belief. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, stieg die Arbeitslosenquote in den drei Monaten per Ende September um einen Zehntelpunkt auf 3,6 %. Volkswirte hatten im Schnitt 3,5 % auf der Rechnung. Die Zahl der ausgeschriebenen Stellen sank im Oktober den vierten Monat in Folge.

„Die Arbeitslosigkeit verharrt in der Nähe ihres Rekordtiefs“, kommentierte Schatzkanzler Jeremy Hunt die Daten. „Das schafft Sicherheit für Familien und beweist die Robustheit der britischen Wirtschaft selbst im Angesicht von schwerwiegenden globalen Herausforderungen.“ Er erkenne an, dass sich die Menschen für ihr Geld nicht mehr so viel leisten können. „Putins illegaler Krieg hat die Inflation nach oben getrieben – eine versteckte und heimtückische Steuer, die Einkommen und Ersparnisse auffrisst“, sagte Hunt, der an diesem Donnerstag seinen Haushaltsentwurf (Autumn Statement) vorlegt, der eine ganze Reihe von Steuererhöhungen enthalten dürfte. Die einzige Option, um die Inflation zu drücken und Zinserhöhungen zu begrenzen, sei die Wiederherstellung der Stabilität und eine Senkung der Schulden.

Rachel Reeves, die im Falle eines Labour-Wahlsieges das Schatzamt übernehmen würde, hat eine ganz andere Ursache ausgemacht: zwölf Jahre Tory-Herrschaft voller „wirtschaftspolitischer Fehler und niedrigen Wachstums“. Tausende von Über-50-Jährigen hätten den Arbeitsmarkt verlassen, und eine Rekordzahl von Menschen arbeiteten nicht, weil sie auf Behandlung durch das marode öffentliche Gesundheitswesen NHS warteten.

Rund 2,5 Millionen Menschen galten zuletzt als erwerbsunfähig. Ende August befanden sich bereits mehr als 7 Millionen Menschen auf den Wartelisten für Routineeingriffe. Nach Rechnung des Unternehmensverbands CBI verliert Großbritannien aus gesundheitlichen Gründen jährlich 131 Millionen Arbeitstage. Das verursache Kosten von 180 Mrd. Pfund. „Ein robuster Arbeitsmarkt ist eine Vorbedingung für Wachstum“, sagte CBI-Präsident Brian McBride. „Ohne gesunde, produktive Mitarbeiter wird die britische Wirtschaft nicht dazu in der Lage sein, das Wachstum zu erreichen, das sie dringend benötigt.“

„Der Anteil der Menschen, die weder arbeiten noch Arbeit suchen, ist erneut gestiegen“, sagte Darren Morgan, der für die Arbeitsmarktstatistik beim ONS verantwortlich zeichnet. Seit Ausbruch der Pandemie wurde diese Entwicklung vor allem von älteren Arbeitnehmern getrieben. Im zurückliegenden Quartal kam der größte Beitrag allerdings von jüngeren Altersgruppen.

Tatsächlich leben in Großbritannien 5,3 Millionen Menschen von Arbeitslosenhilfe und ähnlichen Leistungen, wie der „Spectator“ ermittelte. In Großstädten wie Birmingham, Glasgow oder Liverpool sei es ein Fünftel der Menschen in erwerbsfähigem Alter. Dass ihre Zahl in der Statistik nicht erscheint, liegt dem Magazin zufolge an den engen Definitionen, die dafür verwendet werden.

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