Autoindustrie

VW weitet Investitionen in Zukunftsfelder aus

Volkswagen hat neue mittelfristige Investitionsplanungen enthüllt. Zuflüsse aus dem Porsche-Börsengang ermöglichen eine Ausweitung der Investitionen in Zukunftsfelder.

VW weitet Investitionen in Zukunftsfelder aus

ste Berlin

Der seit September vergangenen Jahres von Oliver Blume geführte Volkswagen-Konzern geht bei den Zukunftstechnologien noch stärker in Vorleistung. Europas größter Fahrzeugkonzern kündigte bei der Vorlage seiner Geschäftsjahresbilanz 2022 am Dienstag an, zwischen 2023 und 2027 mit Investitionen von 180 Mrd. Euro zu planen und rund zwei Drittel (68%) der Summe für die Umstellung auf Elektromobilität und Digitalisierung vorzusehen.

In diesem Jahr soll der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge an den Gesamtauslieferungen des Mehrmarkenunternehmens von 7% auf 10% steigen, 2025 soll jedes fünfte verkaufte Fahrzeug weltweit über einen reinen Elektroantrieb verfügen. In der vorherigen Planungsrunde 70 hatten die Wolfsburger Ende 2021 für den Fünfjahreszeitraum von 2022 bis 2026 einen Anteil von 56% an Gesamtinvestitionen von 159 Mrd. Euro für die Zukunftsfelder vorgesehen.

Nun hilft VW die vor allem infolge des Börsengangs der Sportwagentochter Porsche AG per Jahresende 2022 um 61% auf rund 43 Mrd. Euro erhöhte Nettoliquidität im Konzernbereich Automobile, die finanziellen Anstrengungen für den Umbruch zu verstärken. Im Zusammenhang mit dem IPO flossen dem Konzern 16,1 Mrd. Euro zu, wobei nach Zahlung der Sonderdividende von 6,5 Mrd. Euro im Januar noch 36,5 Mrd. Euro zu Buche stehen. Für das laufende Jahr rechnet man bei VW einschließlich der Mittelzu- und -abflüsse im Zusammenhang mit der Zahlung der Sonderdividende sowie der regulären Dividende für 2022 von insgesamt 11 Mrd. Euro mit einer Nettoliquidität von 35 bis 40 Mrd. Euro, wie der Konzern bei der Veröffentlichung der Eckzahlen für 2022 am 3. März bereits mitgeteilt hatte.

Konzernchef Blume verwies in der Jahrespressekonferenz in Berlin darauf, dass der Höhepunkt der Investitionsleistung 2025 stattfinde und danach ein kontinuierlicher Rückgang zu erwarten sei. „Mit diesen Investitionen erhöhen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit von morgen und steigern unsere Aktivitäten auf den attraktivesten Wachstumsmärkten.“ Oberste Priorität bleibe dabei die finanzielle Robustheit des Konzerns. Ziel sei es, so Blume, das Kapital effizienter einzusetzen und sich stärker auf Erträge und den Netto-Cashflow zu konzentrieren. Der 2022 nicht zufriedenstellende Cashflow, der – wie Finanzchef Arno Antlitz erläuterte – aufgrund der instabilen Versorgungslage sowie Störungen in den Logistikketten vor allem zum Jahresende mit 4,8 (i.V. 8,6) Mrd. Euro das Ziel des Vorjahresniveaus verfehlte, soll im laufenden Turnus durch Umkehr der belastenden Effekte aus der 2022 erhöhten Mittelbindung 6 Mrd. bis 8 Mrd. Euro erreichen – einschließlich einer Vorhaltung für zusätzliche Ausgaben zum Ausbau des Batteriegeschäfts in der Tochter Powerco von rund 5 Mrd. Euro.

Der höhere Anteil der Investitionen in Zukunftstechnologien entfällt laut dem CFO im Wesentlichen auf die Ausweitung von Investitionen in das Batteriegeschäft einschließlich Vorleistungen zur Rohstoffsicherung auf nun 15 Mrd. Euro sowie auf geplante Investitionen von rund 2 Mrd. Dollar in den Bau einer Produktionsstätte im US-Bundesstaat South Carolina für Elektro-Pick-up-Trucks sowie elektrifizierte robuste Geländewagen der wiederbelebten Marke Scout. Das Werk soll Ende 2026 die Produktion aufnehmen, mindestens 4000 Arbeitsplätze schaffen und bei voller Kapazität eine Jahresfertigung von mehr als 200000 Fahrzeugen ermöglichen. VW-Chef Blume sagte, Scout biete die einmalige Chance, in das hochattraktive Segment der Pick-ups und „Rugged SUV“ einzusteigen, das mehr als ein Drittel des US-Automarkts abbilde. Der Einstieg sei „für uns ein sehr wichtiger Schritt, unsere Präsenz und vor allem unsere Rentabilität in Nordamerika zu steigern“.

Am Montag hatte VW angekündigt, im kanadischen St. Thomas in der Provinz Ontario die erste Batteriezellfabrik des Konzerns außerhalb Europas zu errichten. Von 2027 an soll die Zellfabrik nachhaltige Einheitszellen produzieren. Der Start der „Gigafactory“ in Salzgitter ist 2025 vorgesehen, ein Jahr später soll das im vorigen Jahr angekündigte Werk im spanischen Valencia folgen. VW-Chef Blume sagte mit Blick auf mögliche Pläne für eine weitere Zellfabrik in Osteuropa, Kanada stehe nicht in Konkurrenz zu Europa. Investitionsentscheidungen mache man aber von industriellen Rahmenbedingungen und Energiepreisen in den jeweiligen Regionen abhängig. „Das muss man heute eindeutig so sagen: Da sind wir in Europa bei Energiepreisen nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen Regionen der Welt.“ Blume sagte, man werde in den kommenden Monaten abwägen, wo in Europa weitere Batteriewerke entstehen könnten.

Um die Ertragskraft und den Börsenwert des Konzerns zu steigern, setzt VW nach den Erfahrungen aus dem Porsche-IPO auf Ergebnisse virtueller Börsengänge der Konzernmarken. Sie sollen bei einem Kapitalmarkttag am 21. Juni vorgestellt werden.

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