Verfassungsgerichtsentscheidung

Ampel muss um ihren Haushalt zittern

Die Finanzierung von Klimainvestitionen des Bundes steht auf dem Prüfstand. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet erstmals grundsätzlich über den Umgang mit der Schuldenbremse in wirtschaftlichen Notlagen.

Ampel muss um ihren Haushalt zittern

Ampel muss um ihren Haushalt zittern

Bundesverfassungsgericht entscheidet über die Schuldenbremse – 60 Mrd. Euro Kredite des Bundes umstritten

wf Berlin

Die Ampel-Koalition muss um ihre Finanzplanung zittern. Am Mittwoch gibt das Bundesverfassungsgericht bekannt, ob sich SPD, Grüne und FDP 60 Mrd. Euro Kreditermächtigungen im Kampf gegen den Klimawandel über die Schuldenbremse hinaus genehmigen durften. Der Bundestag hatte im Februar 2022 – mit den Stimmen der frisch amtierenden Ampel-Koalition – das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz rückwirkend für 2021 gebilligt. Damit sollen mehrere Jahre grüne Vorhaben kreditfinanziert werden. Die Koalition hatte nicht genutzte Kredite zur Bewältigung der Coronakrise dafür umgeschichtet. Haushaltgesetz und der Bundeshaushaltsplan 2021 wurden geändert, obwohl das Jahr schon abgelaufen war.

Vor das Gericht gezogen sind 197 Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. „Dies ist eine einfachgesetzliche Umgehung der Schuldenbremse“, hatte Unionsfraktionschef Friedrich Merz im April 2022 gesagt, als die Fraktion den Normenkontrollantrag gestellt hatte. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte den Beschluss der Koalition Anfang 2022 verteidigt. Die Bundesregierung setze "auf einen planbaren Investitionspfad in die Zukunft im Rahmen des Grundgesetzes“, sagt der FDP-Politiker zum Nachtragshaushalt.

Kredite im Klimafonds

Die Kreditermächtigungen wurden dem damaligen Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ – dem heutigen „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) – zugeordnet. Die Regierung hatte in der mündlichen Verhandlung argumentiert, sie schiebe mit den Mitteln Investitionen an, um der durch die Corona-Pandemie geschwächten Wirtschaft auf die Beine zu helfen. Das Sondervermögen speist sich nicht nur aus Krediten, sondern auch aus Einnahmen wie dem EU-Emissionshandel. Finanziert werden aber aus dem Fonds mittlerweile auch Infrastrukturausgaben etwa für die Deutsche Bahn oder ein Teil der Strompreiskompensation.

Die Krediteinnahmen sind für die nächsten Jahre bereits verplant. Sie reichen bis Ende 2026. Für 2024 gibt es eine Unterdeckung der Ausgaben von rund 20 Mrd. Euro. Knapp ein Drittel des Puffers würde dadurch verzehrt. Lindner schöpft mit einer Nettoneuverschuldung von 16,6 Mrd. Euro im Kern-Bundeshaushalt 2024 die Grenzen der Schuldenbremse voll aus. Am 17. November wollen die Haushälter im Bundestag ihre Beratungen zum Etat 2024 abgeschlossen haben. Eine für den Bund negative Entscheidung aus Karlsruhe würde die Finanzplanung der Ampel-Koalition komplett aus den Angeln heben.

Die höchsten Richter setzen sich erstmals grundsätzlich mit der Schuldenbremse auseinander. Es geht um den Zusammenhang von notlagenbedingter Kreditaufnahme sowie den Grundsätzen des Haushaltsverfassungsrechts. Einen Eilantrag der CDU/CSU hatte das Bundesverfassungsgericht im November 2022 abgelehnt. Ende 2022 signalisierte der Zweite Senat jedoch in einem 41 Seiten starken Papier mögliche Verfassungsbedenken. Der ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann hält ein hartes Urteil zugunsten der Budgettransparenz für wünschenswert: "Würde das Bundesverfassungsgericht das Schuldenmachen für diese Aufgaben völlig freigeben, dann wäre die Schuldenbremse mit ihrer ursprünglichen Intention Geschichte."

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