Mindestlohn

Arbeitgeber behalten sich Klage gegen Erhöhung vor

Bundesarbeitsminister Heil will den Mindestlohn auf 12 Euro anheben und damit ein Wahlkampfversprechen einlösen. Die Arbeitgeber sind dagegen und legen mit einem Rechtsgutachten nach.

Arbeitgeber behalten sich Klage gegen Erhöhung vor

ast Frankfurt

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) fordert Nachbesserungen am Gesetzesvorschlag zur Mindestlohnerhöhung. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will den Mindestlohn zum 1. Oktober auf 12 Euro anheben – und damit ein Wahlkampfversprechen seiner Partei einlösen. Die Arbeitgeber kritisieren die Entmachtung der Mindestlohn-Kommission, die sich aus den Tarifpartnern zusammensetzt und eigentlich Empfehlungen zur Mindestlohn-Anpassung abgibt, als einen Angriff auf die rechtlich geschützte Tarifautonomie.

Zwei von der BDA in Auftrag gegebene Rechtsgutachten stützen diese Kritik. Das zweite stellte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter nun in Berlin vor. „Wir glauben, dass der jetzige Gesetzgebungsvorschlag nicht nur politisch, sondern auch rechtlich ausgesprochen fragwürdig ist“, sagte Kampeter. Die Arbeitgeber schließen die Möglichkeit einer verfassungsrechtlichen Klage gegen das Gesetz nicht aus, wollen aber den in dieser Woche startenden parlamentarischen Beratungsprozess im Bundestag zunächst beobachten.

Das erste im Februar vorgestellte Rechtsgutachten kritisiert insbesondere die Missachtung der Zwei-Jahres-Periode für Anpassungsschritte, die im Mindestlohngesetz von 2015 festgeschrieben ist. Darin heißt es, dies sei eine De-facto-Entmachtung der Mindestlohnkommission.

Das vom Münchner Arbeitsrechtler Richard Giesen angefertigte zweite Gutachten zielt auf den von Heil angeführten Grund für die Erhöhung: Demnach werde anstelle der Austauschgerechtigkeit – ein angemessener Lohn für die erbrachte Arbeit – eine Versorgungsidee gestellt. Die im Gesetzentwurf enthaltene „Bedarfsgerechtigkeit“ gehe über eine faire Bezahlung hinaus, argumentiert Giesen. Demnach könne es nicht die Aufgabe der Arbeitgeber sein, eine Mindestlebensgrundlage zu schaffen.

Heils Gesetzentwurf begründet die Anhebung auch mit höheren Lebenshaltungs- und Wohnkosten. Diese stellten in Frage, ob eine Vollzeitbeschäftigung mit geltendem Mindestlohn zur „Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage“ reiche. Diese Grundlagensicherung müsse aber Aufgabe des Staates bleiben, so die BDA. Aufgabe des Staates sei hingegen nicht, einen „Staatslohn“ festzusetzen, kritisierte Kampeter.

„Brachiales“ Vorgehen

Die Arbeitgeber setzen nun auf Anpassungen des Gesetzes im Zuge des Beratungsverfahrens im Bundestag gemäß einer Devise des ehemaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck: „Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist.“ Versöhnlich stimmen würden die BDA Kampeter zufolge etwa längere Fristen und „mehr Respekt vor der bestehenden Tarifautonomie“. Kampeter sagte am Dienstag, Heil habe den Gesetzestext „in brachialer Weise“ vorgelegt und „jedwedes Gesprächsangebot abgelehnt“. „Wir werden im Anschluss an das Gesetzgebungsverfahren entscheiden, ob wir weitere rechtliche Schritte vornehmen werden“, kündigte Kampeter an.

Den Rechtsgutachten zufolge könnte eine Klage auf der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie fußen. Diese gibt Arbeitgebern und Gewerkschaften das Recht, ohne staatliche Einmischung Tarifverträge und damit auch Löhne auszuhandeln. Auch die Koalitionsfreiheit wird angeführt.

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