Unternehmensfinanzierung

Banken erneut restriktiver bei Kreditvergabe

Die hohen Zinsen und die schwache Konjunktur schlagen weiter auf die Kreditvergabe im Euroraum durch. Allerdings erwarten Banken für das erste Quartal 2024 erstmals seit Anfang 2022 wieder eine steigende Nachfrage nach Firmenkrediten.

Banken erneut restriktiver bei Kreditvergabe

Banken restriktiver bei Kreditvergabe

Hohe Zinsen dämpfen Nachfrage – Geldhäuser erwarten leichte Erholung im ersten Quartal

Die hohen Zinsen und die schwache Konjunktur schlagen weiter auf die Kreditvergabe im Euroraum durch. Allerdings erwarten von der Europäischen Zentralbank (EZB) befragte Finanzinstitute für den Jahresauftakt erstmals seit Anfang 2022 wieder eine steigende Nachfrage nach Firmenkrediten.

mpi Frankfurt

Die Banken in der Eurozone verschärfen ihre Kreditstandards abermals, wenn auch nur moderat. Im Zeitraum Oktober bis Dezember waren sie vor allem bei Verbraucherkrediten restriktiver. Dies geht aus dem am Dienstag veröffentlichen Bank Lending Survey der Europäischen Zentralbank (EZB) hervor. Es sind die letzten neuen Daten vor dem Zinsentscheid am Donnerstag.

Die Nachfrage nach Firmenkrediten ist im vierten Quartal abermals gesunken. Allerdings fiel der Rückgang schwächer aus als in den Monaten zuvor. Für den Jahresauftakt erwarten die Banken erstmals seit Anfang 2022 wieder ein Nachfrageplus. Gleichzeitig rechnen die befragten Geldhäuser jedoch damit, dass die Kreditstandards in den kommenden Monaten erneut moderat verschärft werden.

Geldpolitische Transmission kraftvoll

Während sich bei Unternehmenskrediten eine leichte Erholung anbahnt, wird die Nachfrage nach Verbraucherkrediten laut der Einschätzung der befragten Geldhäuser auch im ersten Quartal 2024 weiter sinken. „Die Umfrage zur Kreditvergabe der Banken bestätigt, dass die höheren Zinsen die Kreditnachfrage von Unternehmen und Haushalten immer noch dämpfen“, kommentierte ING-Ökonom Bert Colijn die Ergebnisse.

Neben den hohen Zinsen schlägt auch die maue Konjunktur auf die Kreditnachfrage. „Für die EZB ist die Umfrage eine Bestätigung dafür, dass die geldpolitische Transmission nach wie vor kraftvoll ist und dass die Wirtschaftstätigkeit in den kommenden Quartalen weiterhin durch eine restriktive Politik gebremst wird“, sagte Colijn. Er sieht daher in den Zahlen einen Beleg dafür, dass die EZB Spielraum für Zinssenkungen in diesem Jahr hat.

Keine Kreditklemme

Eine Verlängerung der Zinspause am Donnerstag steht quasi bereits fest. Die offene Frage ist, wann die EZB das erste Mal die Leitzinsen senken wird. Während an den Finanzmärkten auf eine Lockerung bis spätestens April spekuliert wird, deuten Äußerungen aus dem EZB-Rat auf einen anderen Kurs hin. Da die Notenbanker die Entwicklung der Löhne im Euroraum als maßgeblich für die mittelfristige Inflationsentwicklung betrachten, dürfte eine Zinssenkung vor Juni unwahrscheinlich sein. Denn die Lohndaten für das erste Quartal liegen erst im Laufe des Mai vor.

Die derzeit schwache Kreditvergabe im Euroraum ist vonseiten der EZB durchaus gewünscht, solange es keine Kreditklemme gibt. Eine schwächere Wirtschaftsaktivität im Euroraum reduziert die Nachfrage nach Gütern, was wiederum den Inflationsdruck reduziert. Kristian Tödtmann, Leiter des Bereichs Geldpolitik und Kapitalmärkte bei der DekaBank, sieht keine Anzeichen für eine Kreditklemme im Euroraum. Gleichzeitig hält er die Finanzierungsbedingungen von Unternehmen für besser, als es auf den ersten Blick erscheint. Die langfristigen Zinsen seien im Vergleich zum Niveau des Leitzinses eher moderat. „Über die Renditen von Unternehmensanleihen und die Bewertung von Aktien schlägt sich dieses in immer noch relativ günstigen Außenfinanzierungskosten für Unternehmen nieder“, sagte Tödtmann.

Markterwartungen lockern Finanzierungsbedingungen

Einige EZB-Ratsmitglieder beobachten diese vergleichsweise lockeren Finanzierungsbedingungen mit Sorge, da sie befürchten, dass sie die Rückkehr zum Inflationsziel von 2% verlängern. Daher versucht die Notenbank – vergeblich – die Markterwartungen an eine erste Zinssenkung im Frühjahr zu zerstreuen. Diese Spekulationen tragen zu den relativ niedrigen langfristigen Zinsen bei. Anleger und Ökonomen werden am Donnerstag daher genau beobachten, ob und was EZB-Präsidentin Christine Lagarde über den möglichen Zeitpunkt einer ersten Zinssenkung sagen wird.

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