Bank of England

Britische Geldpolitiker in der Zwickmühle

Selten waren sich die britischen Geldpolitiker so uneins, selten war die Öffentlichkeit so unzufrieden mit ihnen. Beim Zinsentscheid am Donnerstag werden drei verschiedene Minderheitsvoten erwartet.

Britische Geldpolitiker in der Zwickmühle

Von Andreas Hippin, London

Wenn einen nur die Zahlen interessieren, ist das Thema schnell erledigt: Die Bank of England wird den Leitzins am Donnerstag voraussichtlich um 50 Basispunkte auf dann 3,5 % anheben. So sieht es die Mehrheit der Volkswirte. Und die Zentralbank wird alles tun, um keine weiteren Irritationen an den Märkten auszulösen. Immerhin sind die Renditen britischer Staatsanleihen von den erstaunlichen Höhen heruntergekommen, die sie nach der Vorstellung des Wachstumsplans der glücklosen Ex-Premierministerin Liz Truss und ihres Schatzkanzlers Kwasi Kwarteng erklommen hatten.

Wie eine am Freitag von der Notenbank veröffentlichte Umfrage zeigt, war ihr Ansehen seit Beginn der Erhebungen 1999 noch nie so schlecht wie heute. Mehr als ein Drittel der Teilnehmer (35 %) war unzufrieden mit dem Umgang der Bank of England mit der Teuerungsrate, die zuletzt 11,1 % erreicht hat. Lediglich 23 % zeigen sich zufrieden, was einen Nettowert von minus 12 % ergibt, der den Geldpolitikern kalte Schauer über den Rücken jagen dürfte. Im August waren es noch minus 3 % gewesen.

Rätselraten mit Daten

Die Mitglieder des geldpolitischen Komitees (Monetary Policy Committee, MPC) stehen vor einem nahezu unlösbaren Problem: Um der rasanten Teuerung zu begegnen, müssten sie den Leitzins eigentlich radikal erhöhen. Doch andererseits droht eine Rezession. Bank of England, die unabhängigen Haushaltshüter vom Office for Budget Responsibility und die von Bloomberg befragten Volkswirte rechnen für das laufende Quartal erneut mit einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt (BIP), nachdem bereits im zweiten Quartal ein Minus vor dem Wert stand, der die Veränderung zum Vorjahr ausdrückt. Verschärft die Notenbank die Finanzierungsbedingungen, könnte es schneller und weiter bergab gehen.

Die Datenlage ist alles andere als eindeutig. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, ist das BIP im Oktober um 0,5 % gewachsen. Am Markt hatte man lediglich mit einem Plus von 0,4 % gerechnet. Das Baugewerbe erwies sich als unerwartet robust, das verarbeitende Gewerbe erholte sich. Der Außenhandel berappelte sich. Geht das BIP im November und Dezember zusammengenommen um nicht mehr als 0,4 % zurück, würde eine Rezession haarscharf vermieden. Einkaufsmanagerindizes, angekündigte Streiks und die Anstrengungen vieler Briten, angesichts steigender Lebenshaltungskosten ihr Geld zusammenzuhalten, sprechen jedoch für eine andere Entwicklung.

Zeit für Minderheitsvoten

Kein Wunder also, dass in der City eine Entscheidung für möglich gehalten wird, die von großer Zerstrittenheit des MPC zeugen würde. Zwar gilt eine Mehrheit für einen Zinsschritt von 50 Basispunkten als ausgemacht. Doch könnte es bis zu drei verschiedene Minderheitsvoten geben – für ein Stillhalten, für einen kleineren Zinsschritt von 25 Basispunkten und für eine stärkere Erhöhung um 75 Basispunkte. Es ist ein Schaulaufen der unabhängigen Mitglieder für die Zeit nach Ablauf ihres Mandats im MPC. Man möchte bei der Rückkehr in die akademische Welt schließlich nicht für die Fehleinschätzungen anderer geradestehen müssen. In der Öffentlichkeit wird das wohl wie ein Tanz kopfloser Hühner wahrgenommen. Ihre Beliebtheitswerte bei der nächsten Umfrage dürfte das nicht verbessern.