Zinskosten

Britische Neuverschuldung übertrifft Erwartungen

Die britische Regierung hat im Dezember mehr als doppelt so viel für den Schuldendienst aufbringen müssen wie ein Jahr zuvor. Die öffentliche Neuverschuldung stieg auf den für diesen Monat bislang höchsten Wert.

Britische Neuverschuldung übertrifft Erwartungen

hip London

Die weltweit steigenden Zinsen haben sich auch auf die Kosten ausgewirkt, die Großbritannien durch seine Staatsverschuldung entstehen. Wie das Statistikamt ONS mitteilt, belief sich die öffentliche Neuverschuldung im Dezember auf 27,4 Mrd. Pfund. Die unabhängigen Haushaltshüter vom Office for Budget Responsibility (OBR) hatten lediglich 17,6 Mrd. Pfund auf der Rechnung. „Eine gewaltige Überschreitung“ der Prognose, urteilte die HSBC-Volkswirtin Elizabeth Martins. Es war der höchste Dezemberwert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1993. Selbst während der Pandemie wurde nicht so viel Geld aufgenommen. Einer der Gründe für den Anstieg ist die Deckelung der Energierechnungen von privaten Haushalten und Unternehmen. Wie der ONS-Chefvolkswirt Grant Fitzner der BBC erklärte, sorgten die Hilfen für einen Anstieg der Neuverschuldung um rund 7 Mrd. Pfund.

Teurer Inflationsschutz

Viel dramatischer war dagegen der Anstieg der Kosten für den Schuldendienst, die sich mehr als verdoppelten – auf 17,3 Mrd. Pfund, den höchsten Dezemberwert, der bislang er­reicht wurde. Dazu trug wesentlich bei, dass sich inflationsgeschützte Staatsanleihen (Gilts) am Einzelhandelspreisindex RPI orientieren. Er ist seit Jahresbeginn noch stärker ge­stiegen als der Verbraucherpreis­index CPI, der normalerweise als Messlatte für die Teuerung herangezogen wird. Im Dezember lag der RPI bei 13,4%, der CPI dagegen bei lediglich 10,5%. Die Bindung an den RPI ist unter anderem der Investorennachfrage geschuldet. Die Altersvorsorgeleistungen von Pensionsfonds orientieren sich oft ebenfalls am RPI.

„Es ist der dritte Monat in Folge, in dem die Neuverschuldung über den Erwartungen liegt“, sagte die Analystin Susannah Streeter von Hargreaves Lansdown. „Angesichts des sich ausweitenden Defizits hat die Regierung keinen Spielraum für ein paar schnelle Steuergeschenke, wenn sie im März ihren Haushalt vorstellt.“ Schatzkanzler Jeremy Hunt sagte, die Regierung helfe „Millionen von Familien“ bei den Lebenshaltungskosten, müsse aber auch gewährleisten, dass das Niveau der Verschuldung „fair für künftige Generationen“ sei. „Wir haben be­reits ein paar harte Entscheidungen getroffen, um die Schulden zu drücken, und es ist von kritischer Bedeutung, dass wir uns an diesen Plan halten“, sagte Hunt.

Das Verhältnis der Staatsverschuldung zum Bruttoinlandsprodukt be­läuft sich nun auf 99,5%. Im Gesamtjahr 2022 stieg die öffentliche Neuverschuldung­ um 128,1 Mrd. Pfund. Damit lag die Zunahme zwar um 5,1 Mrd. Pfund über Vorjahresniveau. Sie bewegte sich aber um 2,7 Mrd. Pfund unter der Prognose des OBR. Samuel Tombs, Chefvolkswirt von Pantheon Macroeconomics, geht davon aus, dass sinkende Energiepreise­ und niedrigere Zinsen für eine niedrigere Neuverschuldung sorgen werden als von Hunt in seinem­ Haushalt vom November angesetzt­. Das OBR schätzt, dass 177   Mrd. Pfund neu aufgenommen werden müssen. Tombs geht dagegen lediglich von 160 Mrd. Pfund aus.