Konjunktur

Chinas Erholung verliert an Schwung

China ist aktuell neben den USA die Konjunkturlokomotive der Weltwirtschaft. Neue Daten lassen nun aber die Frage aufkommen, ob der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft bereits ein Verlust an wirtschaftlicher Dynamik droht.

Chinas Erholung verliert an Schwung

nh Schanghai

Chinas neue Wirtschaftsdaten für den April weisen auf den ersten Blick imposante Wachstumsraten auf, die aber primär mit kräftigen Basiseffekten im Zusammenhang mit dem coronabedingten Einbruch der Wirtschaft im vergangenen Jahr im Zusammenhang stehen. Tatsächlich blieb die Entwicklung der Industrieproduktion, der Einzelhandelsumsätze und der Anlageinvestitionen hinter den Konsensschätzungen der Analysten zurück.

Damit kommt die Frage auf, ob der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft nach ihrer frühen Erholung vom Coronaschock im weiteren Verlauf des Jahres bereits ein Verlust an wirtschaftlicher Dynamik droht. Das wird auch weltweit mit Interesse beobachtet, schließlich ist China aktuell neben den USA die Konjunkturlokomotive der Weltwirtschaft.

Nach Angaben des Pekinger Statistikbüros kletterte die Industrieproduktion im Reich der Mitte im April um 9,8% zum Vorjahresmonat, wobei vor allem eine glänzende Exportentwicklung weitere Schubkraft entwickelte. Dennoch hatten die Experten ein Wachstum von mindestens 10% erwartet, nachdem es zuvor im März noch ein Plus von gut 14% gegeben hatte. Die Anlageinvestitionen legten von Januar bis April um 19,9% gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu und lagen damit ebenfalls leicht unter den Schätzungen.

Als regelrechte Enttäuschung wird die Dynamik an der Konsumfront gewertet – und das, obwohl die Einzelhandelsumsätze auf dem Papier um 17,7% zum Vorjahresmonat in die Höhe geschossen sind. Der Marktkonsens eines Wachstums von 25% wurde indes deutlich verfehlt, und so hinkt auch der chinesische Binnenkonsum wie schon in den vergangenen Monaten dem langfristigen Trendwachstum hinterher.

Die China-Analysten der Commerzbank sprechen von einer „neuen Norm“ im Nachgang zur Corona-Pandemie, wobei die im Falle Chinas insbesondere von einer hohen Exportgüternachfrage angefachte kräftige Erholung im Industriesektor einer schleppenden Performance im Einzelhandel und einer schwächelnden Binnennachfrage gegenübersteht. Da der Konsum mittlerweile jedoch für mehr als 60% der chinesischen Wirtschaftsleistung steht, drängen sich trotz boomender Industrie einige Unsicherheiten zu den Wachstumsaussichten Chinas auf.

Zwar dürfte Chinas Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 8 bis 9% und damit überdurchschnittlich kräftig expandieren, doch beruht dies vor allem auf Basiseffekten. In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich die Wachstumsrate wieder auf etwa 6% ermäßigen – wie vor der Krise.