Konjunktur

Chinas Industrie leidet unter Lockdowns

Weniger Produktion, weniger Lieferungen, weniger Gewinn: Chinas Industrie spürt die Folgen der Corona-Einschränkungen heftig. Auch für die deutsche Wirtschaft sind das keine guten Nachrichten.

Chinas Industrie leidet unter Lockdowns

Die Gewinne von Chinas Industrieunternehmen sind im April so stark gesunken wie seit zwei Jahren nicht mehr. Wie am Freitag aus offiziellen Daten des Statistikamtes hervorging, schrumpften die Gewinne um 8,5% im Vergleich zum Vorjahr, nachdem sie im März noch um 12,2% gestiegen waren. Der Einbruch ist der stärkste seit März 2020. Die hohen Rohstoffpreise und das durch die Corona-Beschränkungen verursachte Chaos in den Lieferketten drückten die Gewinnspannen und unterbrachen die Fabrikaktivitäten deutlich. Der Industriesektor wurde durch die strengen Lockdown-Regelungen hart getroffen. Die Industrieproduktion in der Handelsmetropole Schanghai brach im April um 61,5% ein. Landesweit ging der Handel um 2,9% zurück.

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang warnte vor schwerwiegenden Folgen, wenn die Behörden nicht entschlossen gegen einen weiteren Konjunktureinbruch vorgingen. Eine Kontraktion der Wirtschaft im zweiten Quartal müsse vermieden werden, sagte er auf einer Dringlichkeitssitzung am Mittwoch vor Tausenden lokaler Beamten. Lis Kommentare waren offener als die von den staatlichen Medien veröffentlichten offiziellen Angaben. Das Wirtschaftswachstum laufe Gefahr, den vertretbaren Rahmen zu verlassen, sagte er nach Angaben darüber informierter Personen. China werde einen enormen Preis zahlen, wenn die Wirtschaft nicht mit einer bestimmten Geschwindigkeit weiter wachsen könne. Der Weg zur Erholung würde in diesem Fall lang. Im zweiten Quartal müsse eine positive Wachstumsrate erzielt werden, so Li. Er zählte eine Handvoll Ziele auf, auf die sich die lokalen Beamten in diesem Jahr konzentrieren sollten, darunter ein besseres Gleichgewicht zwischen Covid-Eindämmung und Wirtschaftswachstum. Wachstum sei der Schlüssel zur Lösung aller Probleme im Land, so etwa der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Sicherung des Lebensunterhalts der Menschen und der Eindämmung von Corona.

Auch die deutsche Wirtschaft bekommt die derzeit schwache chinesische Konjunktur zu spüren – vor allem in Form einer weiteren Verschärfung der gravierenden Lieferprobleme. Nach Angaben des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel und des Rotterdamer Hafens ist die Zahl der aus China Richtung Westen fahrenden Schiffe gesunken. Die Londoner Schifffahrtsberatung Drewry schätzt, dass im Hafen Shanghai allein im April 260.000 für den Export in alle Welt bestimmte Container nicht verladen wurden. Lockdowns in China wirken sich auf die Belieferung europäischer Unternehmen mit Verzögerung aus, weil die Schiffe mehrere Wochen unterwegs sind. Dass Lieferungen aus China komplett zum Erliegen kommen, wird jedoch nicht befürchtet: “Ein Rückgang des Frachtvolumens in westlicher Richtung wegen des Lockdowns in Shanghai ist zu erwarten, aber das wird begrenzt sein”, sagte eine Sprecherin des Rotterdamer Hafens. “Wir gehen davon aus, dass sich die Situation in den kommenden Tagen und Wochen weiter verschärfen wird, weil bisher noch Schiffe ankamen, die den Hafen Shanghai vor der Schließung verlassen haben”, sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft in München. “Die eigentlichen Folgen des Lockdowns in Shanghai werden wir erst in einiger Zeit, dann aber sehr drastisch spüren.”

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