Konjunktur und Immobilien

Chinas Wirtschafts-Versprechen werden zur Luftnummer

China hat der Welt einen flotten Konjunkturaufschwung in der zweiten Jahreshälfte versprochen. Der Immobilienriese Evergrande gelobte den Anlegern transparenten Einblick in sein Schuldenproblem. Beides hat sich in Luft aufgelöst.

Chinas Wirtschafts-Versprechen werden zur Luftnummer

Es ist heiß in China, schon seit vielen Wochen. In flirrender Hitze können manchmal verzerrte Wahrnehmungen ent­stehen. Angenehme Wunschvorstellungen scheinen greifbar nahe, um sich doch wieder in Luft aufzulösen. Chinas gut geölte Propagandamaschine samt einem Heer von Wirtschaftsforschern in Staatsdiensten hat seit Junibeginn keine Gelegenheit ausgelassen, um den mit Aufhebung des Lockdowns in Schanghai greifbaren Konjunkturaufschwung in der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft zu feiern.

Der Juni hat tatsächlich eine Stimmungsaufhellung bei In­dustrie und Diensten gebracht, allerdings zwangsläufig, weil es im Abgleich mit Lockdown-Monaten nicht schlimmer ging. Die Frage ist nur, ob man solches „Beweismaterial“ ungeniert für flotte Zukunftsprognosen fortschreiben darf. Die neuen Einkaufsmanagerdaten für Juli sprechen dagegen. Im Industriesektor ist das Stimmungsbarometer – je nach Erhebung – bereits wieder unter oder aber nahe an die „Expansionsschwelle“ gefallen. Das heißt im Klartext, dass das Aktivitätsniveau im industriellen Powerhouse China nicht weiter durchstartet, sondern erneut ins Stottern kommt. Alle wichtigen Indika­toren für Auftragseingänge, Export­order oder Beschäftigung zeigen wieder nach unten.

Vom versprochenen Höhenrausch ist erst mal nichts zu sehen. Das liegt eindeutig daran, dass man nicht ein paar wenige Aufhellungsmomente, sondern das zähe Festhalten an wirtschaftslähmenden Corona-Restriktionen und eine schwache Immobilienmarktverfassung in die Zukunft fortschreiben kann. Womit wir bei der nächsten Fata Morgana wären, nämlich dem vom Immobilienentwickler Evergrande fest versprochenen Sa­nierungs- und Schuldenrestrukturierungspan. Er sollte Marktteilnehmern zumindest einen Eindruck vermitteln, wie es um die Tragfähigkeit jenes Bauträgers steht, der zu einem Sinnbild für Fehlentwicklungen geworden ist, die eine Vertrauenskrise im chinesischen Wohnimmobilienmarkt heraufbeschwören und die Wirtschaft zusätzlich belasten.

Was Evergrande nun bietet, ist eine weitergehende Verschleierung der Sachlage samt vagen Andeutungen über mögliche Be­teiligungsverkäufe als Hoffnungsspender für geprellte Bond­investoren. Man darf davon ausgehen, dass die Lage bei Evergrande, wie auch Dutzenden anderen überschuldeten Bauträgern, prekär bleibt und Chinas Wohnimmobilienmarkt weiter herunterziehen wird. Das macht den spektakulären Post-Lockdown-Aufschwung in China erst recht zu einer Luftnummer.

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