Geldpolitik

Chinas Zentralbank geizt bei Liquidität und Zinsen

Trotz stimulierungsbedürftiger Konjunktur verzichtet Chinas Notenbank auf eine Zinssenkung und hält die Banken mit Liquidität knapper. Es hapert nämlich bei der Übertragung von geldpolitischen Impulsen auf die Realwirtschaft.

Chinas Zentralbank geizt bei Liquidität und Zinsen

Chinas Zentralbank geizt bei Liquidität und Zinsen

PBOC überrascht mit Mittelentzug im Bankensystem – Sorge um fehlgeleitete Impulse – Geduldsspiel mit Blick auf US-Zinsen

nh Schanghai

Die chinesische Notenbank People’s Bank of China (PBOC) setzt ein klares Zeichen, dass sie mit monetären Impulsen zur Belebung der Wirtschaft vorerst sparsam umgehen will. Nicht nur mit Zinsgesten, sondern auch bei Liquiditätseinschüssen wird gegeizt, wie die Marktteilnehmer am Freitag feststellen konnten.

Bei der Zuteilung einjähriger Refinanzierungsgelder im Rahmen der Medium-Term Lending Facility (MLF) wurde der MLF-Zins als wichtige geldpolitische Steuerungsvariable unverändert bei 2,5% belassen. Der monatliche Rollover der MLF-Gelder brachte sogar einen Liquiditätsentzug in einer Größenordnung von 94 Mrd. Yuan (12 Mrd. Euro).

Überraschende Verknappung

Während der Verzicht auf eine Zinsanpassung erwartet worden war, stellt der Nettomittelentzug für das Bankensystem eine Überraschung dar. Letztmalig war es vor zwei Jahren zu einer entsprechenden Verknappung gekommen.

Analysten werten das Manöver als eine Art Vorsichtsmaßnahme zur Eindämmung von Spekulationen am Markt für Regierungsanleihen. Zum Ärger der Notenbank trug die reichhaltige Liquiditätsversorgung der letzten Monate kaum dazu bei, die Kreditvergabeaktivität anzukurbeln. Vielmehr beflügelte sie eine imposante Bondmarktrally mit spekulativem Drang zu besonders sicheren Aktiva.

Spekulative Bondhausse

Am Bondmarkt ist die Rendite auf zehnjährige Staatstitel mit zuletzt 2,35% auf das niedrigste Niveau seit 2002 gefallen. Dabei haben die chinesischen Geschäftsbanken als wichtigste Player bei heimischen Anleihen mit Umschichtungen freier Mittel wesentlich zur mittlerweile unerwünschten Hausse beigetragen.

Peking hat neue Sorgen

Die jüngste Entwicklung stellt die Wirksamkeit von monetären Impulsen auf realwirtschaftlicher Ebene infrage. Kürzlich hatte Chinas Premierminister Li Qiang entsprechende Bedenken geäußert. Es gelte, ein grundloses Herumschwappen von Liquidität zu verhindern. Zentralbankgouverneur Pan Gongsheng wiederum sprach im Umfeld des Volkskongresses von der Notwendigkeit einer effizienteren Liquiditätssteuerung.

Volkskongress gibt Hinweise

Ursprünglich hatten die meisten China-Ökonomen mit einem Zinssenkungsschritt bei der März-Anpassung der MLF gerechnet. Im Laufe des am 11. März beendeten Volkskongresses hat sich dann allerdings eine andere Sichtweise eingestellt.

Die Regierung hat mit einem Wachstumsziel bei erneut 5% eine durchaus ehrgeizige Marke gesetzt, für deren Erreichen es einiger Stimulierungsanstrengung bedarf. Allerdings wird man fiskalischen Impulsen zur Wachstumsanregung den Vorzug geben. Gleichzeitig scheint Peking darauf zu hoffen, dass eine Stabilisierung des Außenhandels und ein Anstieg der Verbraucherpreise gelingen können.

Deflation unterbrochen

Tatsächlich hat es in Sachen Deflationsproblematik eine Verschnaufpause gegeben, die den Währungshütern zugutekommt. Im Februar kletterten die Verbraucherpreise unerwartet kräftig um 0,7%, nachdem sie im Januar noch um 0,8% gegenüber Vorjahresmonat gesunken waren. Auch davor war der Konsumpreisindex über sechs Monate hinweg ins Minus abgeglitten.

Der Februar-Ausweis dürfte wegen saisonaler Effekte im Zusammenhang mit dem chinesischen Neujahrsfest einen positiven Ausreißer darstellen. Daher scheint eine Rückkehr ins Deflationsterritorium durchaus möglich. Allerdings rechnen die Experten damit, dass Chinas Verbraucherpreise über das Jahr hinweg, wenn auch niedrigem Niveau, wieder ansteigen werden.

Aktien brauchen keine Hilfe mehr

Aus Sicht der PBOC rückt die Gefahr eines Auftriebs bei den Realzinsen zunächst aus dem Fokus. Auch steht sie nicht mehr unter dem Druck, mit Lockerungsgesten auf das Aktienmarktsentiment einwirken zu müssen. Nachdem eine massive staatliche Stützungskampagne Chinas Börsen wieder aus der Baisse befreit hat, bedarf es keiner eiligen Zinsgeschenke zur Besänftigung der Anleger mehr.

Der Yuan hat Priorität

Priorität hat vielmehr die Wechselkursflanke. Peking wacht ehrgeizig darüber, dass der Yuan nicht neuen Boden gegenüber dem Dollar verliert und damit einen Kapitalabzug fördert. Damit richtet sich der Blick auch auf die US-Zentralbank und deren Timing in Sachen Zinswende. Wenn sich die US-Zinsen wieder nach unten bewegen, hätte auch die PBOC neuen Spielraum für Lockerungsmaßnahmen, die den Yuan nicht über Gebühr belasten.

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