Portugal

Costas Coup bei Wahl in Portugal

Nach Querelen über die Staatsfinanzen ließ es die Minderheitsregierung von António Costa auf Neuwahlen ankommen. Nun können die Sozialisten frei darüber verfügen, wie die Wirtschaft mit Hilfe der EU-Fonds wieder in Schwung gebracht wird.

Costas Coup bei Wahl in Portugal

ths Madrid

Die Wirtschaftsdaten, die das Nationale Statistikamt Portugals am Montag veröffentlichte, wären Ministerpräsident António Costa im Wahlkampf sicherlich sehr gelegen gekommen. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im vergangenen Jahr nach vorläufigen Zahlen um 4,9%, ein Zehntelpunkt mehr als von der sozialistischen Minderheitsregierung veranschlagt und mehr als die meisten Schätzungen von nationalen und internationalen Volkswirten. Die Arbeitslosenquote sank im Dezember erstmals seit fast zwei Jahrzehnten auf unter 6%.

Doch auch ohne die Hilfe dieser Konjunkturdaten holten Costas Sozialisten (PS) bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am Sonntag völlig unerwartet die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament, mit einem Stimmenanteil von 42%. Der seit 2015 amtierende Regierungschef war als Favorit ins Rennen gegangen, doch auf der Zielgeraden schwächelte die PS in den Umfragen. Manche Erhebungen sahen sogar einen knappen Sieg der konservativen PSD von Rui Rio voraus. Nun gewannen die Sozialisten zum zweiten Mal seit Ende der Diktatur 1974 eine absolute Mehrheit.

Dass es zu den vorgezogenen Wahlen inmitten der Pandemie kam, lag am Haushaltsplan für 2022. Denn im November verweigerten Costas bisherige Partner, der Linke Block (BE) und die Kommunisten der PCP, der Minderheitsregierung die Zustimmung für den Finanzplan. Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa rief daraufhin Neuwahlen aus.

Der 60-jährige Costa übte sich in der Wahlnacht in Bescheidenheit. „Eine absolute Mehrheit bedeutet nicht absolute Macht“, sagte er vor Anhängern. Er wolle sich mit allen Parteien austauschen, mit Ausnahme der rechtsextremen Chega, dem an­deren Gewinner des Wahlabends. Das Gesprächsangebot an die Opposition wird Costa aber nicht davon abhalten, den im November gescheiterten Haushaltsplan nun so schnell es geht abzusegnen, damit die Coronahilfen aus Brüssel endlich fließen.

Portugal stehen insgesamt direkte Zuwendungen von 13,9 Mrd. Euro und Kredite von 2,7 Mrd. Euro zu. Die EU-Fonds haben eine Schlüsselrolle in den Ausgabeplänen der Sozialisten. So soll das Gesundheitssystem gestärkt werden, wie auch Bildung und Forschung. Unternehmen werden mit Steueranreizen zu Investitionen eingeladen. Bei allen Ausgaben legen Costa und sein Finanzminister João Leão großen Wert auf die Haushaltskonsolidierung. Bei Ausbruch der Wirtschaftskrise 2010, die einen internationalen Rettungsschirm auslöste, lag das Staatsdefizit bei 11,3% des BIP. Den Sozialisten gelang es 2019 sogar einen kleinen Überschuss zu erwirtschaften, bevor die Pandemie alle Anstrengungen zunichtemachte. Für 2021 wird nun mit einem Fehlbetrag unter den veranschlagten 4,3% ge­rechnet, da sich die Steuereinnahmen zuletzt besser entwickelt haben als gedacht. Im nächsten Jahr soll das Defizit unter der 3-%-Marke liegen.

Costa ist seit 2015 der Balanceakt zwischen Konsolidierung und sozialen Ausgaben gelungen. Die sehr harten Einschnitte der Troika-Jahre wurden stückchenweise korrigiert, etwa bei den Gehältern im öffentlichen Dienst, den Pensionen und dem Mindestlohn. Doch der Linke Block und die Kommunisten forderten mehr Sozialausgaben, weshalb es zum Bruch über den Haushalt kam.

Im Wahlkampf spielte Costa erfolgreich die Karte der Stabilität aus und konnte den beiden Parteien links der PS reichlich Wähler abspenstig machen. Die Konservativen boten keine überzeugende Alternative, da die PSD im Falle eines Siegs wohl auf andere hätte zurückgreifen müssen, wobei Oppositionschef Rio eine Zusammenarbeit mit Chega ausgeschlossen hatte. Die Rechtsextremen konnten mit 7% der Stimmen zwölf Sitze erobern und sind nun drittstärkste Kraft im Parlament.