Euro-Konjunktur

Euro-Wirtschaft kommt gut voran

Die Erholung im Euroraum kommt gut voran. Die Wirtschaft ist im zweiten Quartal flotter gewachsen als erwartet. Viel wichtiger für die Europäische Zentralbank ist aber, dass die Inflation im Juli über das Preisziel von 2% gestiegen ist.

Euro-Wirtschaft kommt gut voran

ba Frankfurt

Die Euro-Wirtschaft ist im zweiten Quartal dank der Lockerungen von coronabedingten Restriktionen wieder auf den Wachstumskurs umgeschwenkt. Auf Wohlwollen im EZB-Turm wird nicht nur die Inflationsrate stoßen, die das bereits im Juli frisch nachgeschärfte Preisziel von genau 2% übersteigt, sondern auch die Erholung am Arbeitsmarkt und das unerwartet schwungvolle Wachstum. Denn diese Faktoren haben die Notenbanker der Europäischen Zentralbank (EZB) nebst den – nicht näher spezifizierten – günstigen Finanzierungsbedingungen im Blick.

Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) kletterte der ersten Schnellmeldung von Eurostat zufolge in den drei Monaten April bis Juni um 2,0% zum Vorquartal. Damit haben die 19 Länder des gemeinsamen Währungsraums die Rezession – zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativen Wachstumsraten – hinter sich gelassen. Im Schlussabschnitt 2020 und zum Jahresbeginn 2021 war das BIP um 0,6% und 0,3% gesunken (siehe Grafik). Analysten hatten mit einem etwas schwächeren Plus von 1,5% gerechnet. Als Wachstumstreiber dürfte sich insbesondere der private Konsum erweisen, wie der Blick auf die Ländermeldungen verrät.

Deutschland bleibt zurück

Die vier größten Euro-Volkswirtschaften zeigten dabei samt und sonders Wachstum, wobei das der deutschen Wirtschaft jedoch enttäuschte. Vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge hat das BIP hierzulande 1,5% im Quartalsvergleich zugelegt. Ökonomen hatten im Schnitt mit einem Plus von 2,0% gerechnet. Zudem revidierten die Wiesbadener Statistiker den Einbruch im Startabschnitt von –1,8% auf –2,1% nach unten. Für Schwung sorgte laut Destatis vor allem der höhere staatliche und private Konsum. Details dazu werden aber erst am 24. August veröffentlicht. „Vor allem der Hotel- und Gaststättensektor und der Freizeitsektor waren die Wachstumssäulen“, urteilt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Allerdings wäre „eigentlich mehr drin gewesen“. Doch die Industrie „war ein Totalausfall“ wegen des Mangels an Vorprodukten und Rohstoffen, die das verarbeitende Gewerbe ausgebremst hatten. Doch werde es „allein durch den Schwung der letzten Monate im laufenden Vierteljahr wohl ein solides Wachstum geben“, betonte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Erheblich besser schlug sich hingegen die Wirtschaft in Spanien. Das Statistikamt INE vermeldete ein Wachstum von 2,8% im Quartalsvergleich. Die Erwartung lag bei +2,1%. Die positiven Impulse kamen hier vor allem vom Konsum der privaten Haushalte. In Italien haben vor allem die besseren Geschäfte der Dienstleister, die Belebung in der Industrie und ein stärkerer Außenhandel zu dem Wachstum von 2,7% geführt, wie das Statistikamt Istat mitteilte. Ökonomen hatten hier mit einem Wachstum von 1,3% gerechnet. In Frankreich legte das BIP mit 0,9% leicht stärker zu als von Volkswirten mit 0,8% vorausgesagt. Für Auftrieb sorgten laut Statistikamt Insee der stärkere Konsum und Zuwächse im Außenhandel.

Eine merkliche Verbesserung vermeldet Eurostat am Freitag auch für den Arbeitsmarkt im Euroraum. So ist die Arbeitslosenquote im Juni auf 7,7% von revidiert 8,0% gesunken. Ökonomen hatten mit einer unveränderten Quote gerechnet, die zunächst mit 7,9% gemeldet worden war. Laut Eurostat waren 12,52 Millionen Menschen arbeitslos – das sind im Monatsvergleich 423000 Personen weniger –, während im Jahresvergleich ein Rückgang um 339000 Menschen zu Buche steht.

Einen überraschenden Sprung hat im Juli die Inflation gemacht: Laut Eurostat sind die Verbraucherpreise auf Jahressicht um 2,2% gestiegen. Das ist die höchste Rate seit Oktober 2018. Ökonomen hatten erwartet, dass die Jahresrate exakt auf dem neu definierten Preisziel der EZB von 2,0% zu liegen kommt. Im Juni war die Inflationsrate noch mit 1,9% gemessen worden. Im Monatsvergleich fielen die Preise um 0,1%. Maßgeblich für die Entwicklung waren erneut die Energiepreise, die im Jahresvergleich um 14,1% zulegten. Dass der zugrunde liegende Preisdruck verhalten ist, zeigt sich am Rückgang der Kerninflationsrate, bei der die schwankungsanfälligen Preise von Energie, Lebensmitteln, Alkohol und Tabak ausgeklammert werden. Sie sank um 0,2 Prozentpunkte auf 0,7% (siehe Grafik). Die EZB erwartet zwar im weiteren Jahresverlauf steigende Preise, doch ab dem Jahreswechsel dürfte es wegen auslaufender Basis- und Sondereffekte zu einer Umkehr kommen. Die Entwicklung in den Ländern war im Juli uneinheitlich: Während in Deutschland der für europäische Zwecke berechnete HVPI auf 3,1% und in Spanien auf 2,9% zulegte, sank der HVPI in Italien auf +0,9% und in Frankreich auf +1,6%.