M&A

Klimawandel

Marktradikalismus war gestern. Die britische Regierung hat ihre Möglichkeiten deutlich erweitert, Übernahmen und Fusionen unter Verweis auf die nationale Sicherheit zu stoppen.

Klimawandel

Britische Firmen sind günstig bewertet, die Brexit-Unsicherheit ist verflogen und die Impfkampagne gegen Sars-CoV-2 war erfolgreich. Entsprechend groß ist das Interesse aus aller Welt an Übernahmen und Fusionen. Selten hat sich ein Unternehmen so erfolgreich gegen einen zahlungskräftigen Käufer aus dem Ausland gewehrt wie AstraZeneca, die Nummer 2 der britischen Pharmabranche, gegen den Viagra-Hersteller Pfizer. Wer im Vereinigten Königreich ein Schnäppchen machen wollte, hatte in der Regel keine großen Hindernisse zu überwinden, vorausgesetzt, er machte den Anteilseignern ein attraktives Angebot. Die Regierung hatte kaum Möglichkeiten, Deals zu unterbinden. Versprechungen der Käufer für die Zeit nach dem Erwerb waren oft das Papier nicht wert, auf dem sie abgegeben wurden. Als Cadbury vor rund einem Jahrzehnt von Kraft Foods geschluckt wurde, revidierten die Amerikaner die Zusage, ein Werk in Somerset weiterzubetreiben.

Seitdem hat sich das Klima stark verändert. Am Montag trat der National Security & Investment Act in Kraft, der die Handlungsmöglichkeiten der Regierung stark erweitert – zumindest wenn die nationale Sicherheit als Argument ins Feld geführt werden kann. Mancherorts wird unterstellt, dass sich das Gesetz in erster Linie gegen die Volks­republik China richtet, die in Großbritannien gern einkauft. Zuletzt hatte sich die Regierung in die Übernahme eines ehema­ligen Infineon-Halbleiterwerks in Südwales durch eine Tochter des chinesischen Smartphone-Auftragsherstellers Wingtech Technology eingeschaltet. Doch Ängste vor einem Ausverkauf der britischen Rüstungsindustrie an Finanzinvestoren und US-Rivalen dürften bei der Vorbereitung des Gesetzes ebenfalls eine große Rolle gespielt haben. Die Zerlegung des Luftfahrtzulieferers Cobham durch den Finanzinvestor Advent war vielen noch im Gedächtnis, als sich die Private-Equity-Gesellschaft um Ultra Electronics bemühte. Das Unternehmen stellt Komponenten für die britische Atom-U-Boot-Flotte her. Der Luftfahrtzulieferer Meggitt, der unter anderem Teile für F35-Kampfjets produziert, wurde derweil von Transdigm und Parker-Hannifin umworben.

Nun kann die Regierung viel stärker eingreifen. Überschreiten Beteiligungen bestimmte Schwellenwerte, muss sie informiert werden. Das Gesetz steht im Widerspruch zum Marktradikalismus, für den Teile des Kabinetts von Boris Johnson wie sein Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng stehen. Brexit hin oder her, Großbritannien ist europäischer geworden.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.